Zufrieden: Daimler-Chef Dieter Zetsche Foto: EPA

Vor drei Jahren wurde sogar über seine Absetzung spekuliert, inzwischen ist längst klar: Daimler-Chef Dieter Zetsche dürfte bis 2019 an der Spitze des Autobauers bleiben. Seine wichtigste Aufgabe: die Erfolgssträhne der Stuttgarter nicht abreißen zu lassen.

Das Jahr 2015

Das vergangene Jahr hätte nicht besser laufen können für Dieter Zetsche. Erst wurde ihm von seinem Aufsichtsratschef Manfred Bischoff vorzeitig die Vertragsverlängerung in Aussicht gestellt, dann rückten seine Ziele für 2020 in immer greifbarere Nähe, die Wogen des VW-Abgas-Skandals prallten an Daimler ab – und schließlich wurde der Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton auch noch Weltmeister. Eine gute Ausgangsposition: Vermutlich bei der Aufsichtsratssitzung Anfang Februar wird Zetsches Vertrag um drei Jahre bis 2019 verlängert. Was auf den Daimler-Chef zukommt.

Strengere Abgaswerte

Im VW-Skandal um manipulierte Abgaswerte war Zetsche von Anfang an deutlich: „Bei uns gibt es keinen Handlungsbedarf.“ Daimler habe nicht manipuliert. Beim Absatz spürt Daimler bislang noch keine Delle. Doch die mittelbaren Auswirkungen dürften auch an den Stuttgartern nicht spurlos vorbeigehen. Denn die Debatte in der Europäischen Union über neue – an realen Bedingungen orientierte Tests – und damit verbundene strengere Grenzwerte für Kohlendioxid (CO2) und andere Abgase hat gerade erst begonnen.

Neue Technologien

Sollte der Diesel als Antrieb tatsächlich in Misskredit geraten, wird es für Daimler noch wichtiger, E-Mobilität voranzutreiben, auch um die von der EU vorgegebenen Kohlendioxid-Ziele zu erreichen. Denn mehr als zwei Drittel von Daimlers verkauften Autos in Europa sind Diesel. Bislang haben die Stuttgarter neben dem E-Smart nur die B-Klasse mit Elektromotor im Programm. Dazu kommen erst fünf Modelle mit Plug-in-Motor, die mit Strom und Benzin betrieben werden. Bis 2017 soll die Zahl der Hybrid-Modelle verdoppelt werden. Im gleichen Jahr soll ein erstes mit Wasserstoff betriebenes E-Auto in Serie gehen. Ob das funktioniert und die Nachfrage das hergibt, muss sich zeigen: „Mercedes muss wie andere auch den Anteil der E-Autos erhöhen. Das wird extrem schwierig angesichts des niedrigen Ölpreises“, sagt der Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft in Geislingen, Willi Diez. Und Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft Bergisch Gladbach betont: „E-Mobilität ist die strategische Frage der nächsten Jahre.“

Neue Märkte

Zuletzt profitierte Daimler von der Konjunktur in China. Der Ausbau des Vertriebsnetzes zeigte Wirkung. 2015 hat Daimler mehr als 300 000 Autos in dem Land verkauft – die Erzrivalen Audi und BMW können trotz vereinzelter Schwächen aber deutlich höhere Zahlen aufweisen. Für 2016 gab sich China-Chef Hubertus Troska bereits zuversichtlich: „Der größte Automobilmarkt der Welt wird weiter deutlich wachsen.“ Nach Einschätzung von Auto-Experte Willi Diez wird die größere Herausforderung in den kommenden Jahren sein, Märkte im Schatten Chinas zu erschließen. „Der Iran beispielsweise hat ein Riesenpotenzial.“ Auch Venezuela und Nigeria seien interessant. „Es braucht Konzepte, wie diese bislang zweitrangigen Märkte bearbeitet werden“, sagt Diez.

Die Konkurrenz

Das Ziel, die Rivalen BMW und Audi bis zum Jahr 2020 bei Absatz, Umsatz und Profitabilität auszustechen, bleibt Zetsches Aufgabe – auch wenn sein Vertrag nach bisherigem Plan nur bis 2019 verlängert wird. In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres kam Daimler dem Ziel schon sehr nahe. Bei Absatz und Umsatz hat Daimler Konkurrent Audi schon überrundet. Beim Umsatz haben die Stuttgarter mit BMW in den ersten neun Monaten fast gleichgezogen. In puncto Profitabilität konnte Daimler bereits beide Rivalen übertrumpfen und sein Ziel für die Autosparte von zehn Prozent Umsatzrendite – der Anteil vom operativen Gewinn am Umsatz – erreichen. Nun heißt es, diese Werte zu halten. Denn auch wenn Zetsche zuletzt kein explizites Sparprogramm plante: „Kostenoptimierung wird eine Daueraufgabe bleiben“, sagt Autoexperte Diez. Nach der gemeinsamen Übernahme von Nokia Here mit Audi und BMW sei es sinnvoll, weitere Kooperationen anzugehen, sagt Bratzel.

Die Nachfolge

„Mittlerweile kann Zetsche über Wasser gehen“, sagt Stefan Bratzel scherzhaft. Sein Kollege Diez wird noch deutlicher: „Es gibt im Moment keine vergleichbare Autorität im Konzern“, sagt er. „Er hat gezeigt, dass er das Schiff wenden kann.“ Selbst das Eis zwischen ihm und dem Betriebsrat ist mit dem Wechsel an der Spitze der Arbeitnehmervertreter gebrochen.

Das macht es nicht einfacher für einen potenziellen Nachfolger. Wie im Reflex werden die Namen von Nutzfahrzeugvorstand Wolfgang Bernhard (55), Mercedes-Vertriebschef Ola Källenius (46) und China-Chef Hubert Troska (55) genannt. Das „Manager-Magazin“ will bereits erfahren haben, dass Källenius auf Zetsche folgen soll. Ein Konzernsprecher wollte diese Spekulationen allerdings nicht kommentieren.