Blick auf den Verkehr in Teheran. Foto: Joachim Hübscher/z

Joachim Hübscher aus Möhringen ist 2008 mit einer Reisegruppe eine Woche lang durch den Iran gefahren. Ihn überraschte die Weltoffenheit der Menschen dort. Doch die wenigen Tage reichten nicht aus, um die Gesellschaft auch nur in Ansätzen zu verstehen.

Möhringen - So kann ein Schuhgeschäft im Iran aussehen“, sagt Joachim Hübscher und klickt sich durch die Präsentation seiner Urlaubsreise. Auf dem Bildschirm seines Computers erscheint ein Foto, das ein kleines Ladenlokal zeigt. Die Eingangstür ist frei, aber in den Schaufenstern rechts und links sieht es aus, als hätte ein Laster Schuhe aller Art einfach abgeladen: vom Boden bis an die Ladendecke Pumps, Pantoffeln und Sportschuhe, wahllos aufeinander geschüttet. Man könnte meinen, der Ladenbesitzer wolle sich hinter seinem Angebot verbarrikadieren. „Irre, oder?“, sagt der Fotograf.

Im Sommer 2008 ist Joachim Hübscher in den Iran gereist. Offiziell fuhr der heute 40-Jährige aus Möhringen alleine. Denn so ist es leichter, ein Visum für die Islamische Republik, so die offizielle Staatsbezeichnung, zu bekommen. Tatsächlich reiste Hübscher mit einer Gruppe. Rund 20 Mitglieder der Gemeinde der Siebenten-Tags-Adventisten aus Stuttgart und Esslingen waren eine Woche lang im Land unterwegs. Eigentlich hatte man den Berg Ararat im Blick gehabt, den Berg im Osten der Türkei, auf den der Bibel nach Noah mit seinem Schiff nach der Sintflut aufgelaufen war. „Weil es von da aus ein Katzensprung in den Iran ist, haben wir uns entschlossen, auch über die Grenze zu fahren.“

Menschen redeten offen über Politik

Es war das Jahr vor der Grünen Revolution 2009. Die Menschen, so erinnert sich Hübscher, hätten sich richtiggehend auf die Präsidentschaftswahlen gefreut. „Alle, mit denen wir gesprochen haben, wollten Ahmadinedschad endlich abwählen. Sie redeten ganz offen über Politik.“

Hübscher klickt weiter zum nächsten Bild, es zeigt das Treiben auf einem Basar: Berge von kandierten Früchten, Säcke voller Gewürze, Menschentrauben vor den Ständen. Mittendrin ist ein kleines Geschäft zu sehen, der Eingang ist unscheinbar, verliert sich fast in dem Gewusel der Menschen. „Das ist eine Bank“, sagt Hübscher dazu. „Im Iran residieren die Banken nicht in großen Glaspalästen wie bei uns.“ Während der gesamten Woche hat Hübscher auch keinen einzigen Geldautomaten gesehen. „Das Geldabheben muss wohl irgendwie anders funktionieren.“

Hübscher konnte bequem in Euro zahlen

Er selbst hat auf seiner Reise durch den Iran einfach in Euro gezahlt. „Nur an der türkisch-iranischen Grenze habe ich ein paar Khomeinis umgetauscht.“ Khomeinis – so nennen die Iraner ihre Landeswährung Rial. Denn auf jedem Schein und auf jeder Münze ist das Gesicht des Großayatollahs, zu sehen. Er hatte 1979 die Revolte gegen das Schah-Regime angeführt und dafür gesorgt, dass aus dem Iran eine „Islamische Republik“ wurde.

Ein heikles Pflaster also für eine Gruppe Christen aus dem Schwabenland. „Ich war gespannt, ob wir im Iran Probleme bekommen“, sagt Joachim Hübscher. „Aber dann haben wir gleich hinter der Grenze das hier gesehen“, sagt Hübscher, macht einen Mausklick und schon ist das Foto einer christlichen Kirche in der Nähe der Stadt Täbriz im Nordwesten des Landes zu sehen. Es leben noch viele armenische Christen im Iran, erfuhr die Reisegruppe. „Sie sind zwar in manchem benachteiligt, erfahren aber keine gezielte Verfolgung wie in anderen Ländern.“

Nagellack erlaubt, Schminke verboten

Und einen Vorteil haben sie: Muslimen und ausländischen Touristen ist der Besitz und der Konsum von Alkohol strengstens verboten – nur iranische Christen dürfen ihn konsumieren. Wo sie ihn kaufen? Hübscher zuckt die Achseln. Eine Woche reiche nicht aus, um zu verstehen, nach welchen Grundsätzen das Land funktioniert, was verboten und was erlaubt ist. „Als wir kamen, waren Nagellack und Stöckelschuhe ganz frisch erlaubt worden, Schminke blieb verboten“, nennt er ein Beispiel.

Problemlos war es der Reisegruppe möglich, in den Hotels morgens eine Andacht zu halten, mit Gebeten und Gesang. „Weil es oft keinen anderen Platz gab, haben wir das in der Lobby gemacht.“ Sind deutsche Touristen im Land schon eine Attraktion – überall wurden sie mit „Welcome to Iran“ begrüßt – so war es eine christliche Gruppe noch mehr. In der Lobby wurden sie auf Handykameras aufgenommen. Deutsche und englische Kirchenlieder unter einer Brücke in Isfahan singend, hatten sie mehr als 50 Zuhörer. Man habe nicht missionieren wollen. „Unter dieser Brücke trifft sich die Stadtbevölkerung jeden Abend zum Singen. Also haben wir auch etwas gesungen.“

So viele Autos – und so wenig Unfälle

Was war das Besondere an der Reise in ein schon spezielles Land? Hübscher muss lange überlegen. „Die Freundlichkeit der Menschen vielleicht. Ebenfalls erstaunlich war ihre gute Bildung. Fast alle sprachen Englisch, auch wenn nicht immer gut.“ Vielleicht war es der Verkehr in Teheran, der auf den Hauptverkehrsstraßen in acht Spuren nebeneinander her floss – „und wir haben keinen Unfall gesehen.“