Ein Mann geht am "Tag der Erde" über ein mit Plastik und anderen Abfällen übersätes Bahngleis. Der diesjährige Tag der Erde konzentriert sich auf die Bedrohung unserer Umwelt durch Plastik. Foto: AP/Rafiq Maqbool/dpa

Die globale Produktion von Plastik steigt ungebremst. Kunststoff ist überall zu finden: in Wüsten, auf Berggipfeln, in den Tiefen der Ozeane und in der Arktis. Vor der nächsten Verhandlungsrunde zu einem globalen Plastikabkommen fordern Umweltschützer eine deutliche Beschneidung der weltweiten Produktion.

"Earth Day“- der „Tag der Erde“ - wird von 175 Ländern weltweit begangen. Ziel ist es, die Wertschätzung für die natürliche Umwelt zu stärken und dazu anzuregen, das Konsumverhalten zu überdenken. In diesem Jahr steht die Verschmutzung von Böden, Flüssen und Meeren durch Plastik im Fokus.

„Plastik ist tief in unserer Gesellschaft verwurzelt“

Die weltweite Plastikproduktion hat sich in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt. Millionen Tonnen Plastik landen in der Umwelt und im Meer, oft in Form von mikroskopisch kleinen Partikeln. Der weltweite Eintrag von Plastik in Seen, Flüsse und Ozeane im Jahr 2016 hat Schätzungen zufolge neun bis 23 Millionen Tonnen betragen. Eine ähnlich große Menge – 13 bis 25 Millionen Tonnen – ist 2023 in die Umwelt an Land gelangt.

„Plastik ist tief in unserer Gesellschaft verwurzelt, und es sickert überall in die Umwelt, selbst in Ländern mit einer guten Infrastruktur für die Abfallbehandlung“, sagt der kanadische Umweltchemiker Matthew MacLeod von der Universität Stockholm. Dabei nähmen die Emissionen tendenziell zu, obwohl das Bewusstsein für Plastikverschmutzung in Wissenschaft und Öffentlichkeit in den letzten Jahren deutlich gestiegen sei.

„Klare Vorgaben statt Scheinlösungen“

Plastikmüllstrudel im Indischen Ozean. Foto: Imago/Pond5 Images
Plastikmüll wird im thailändisch Samut Prakan sortiert. Foto: Imago/Zuma Wire

Vor der nächsten Verhandlungsrunde zu einem globalen Plastikabkommen der Vereinten Nationen haben Umweltschützer auf eine deutliche Beschneidung der weltweiten Plastikproduktion gedrungen. „Statt Scheinlösungen“ brauche es „klare Vorgaben“, um die weltweite Produktion um „mindestens 75 Prozent“ zu reduzieren, fordert Lisa Panhuber von Greenpeace am Montag (22. April) einen Tag vor Verhandlungsbeginn im kanadischen Ottawa. Die Staaten müssten sich zudem verpflichten, von Einweg- auf Mehrwegverpackungen umzusteigen.

„Einzigartige Gelegenheit, um Plastikflut zu stoppen“

Im Jahr 2022 hatten sich 175 Nationen verpflichtet, sich auf ein rechtlich verbindliches UN-Abkommen gegen die Plastikvermüllung von Umwelt und Meeren zu einigen. Die ab Dienstag (23. April) bis kommenden Montag (29. April) stattfindende Verhandlungsrunde, an der auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) teilnimmt, soll die vorletzte sein.

Greenpeace bezeichnet das Abkommen als „einzigartige Gelegenheit, um die Plastikflut zu stoppen“. Dazu seien ein verbindlicher Reduktionspfad, Mehrweg-Quoten für Verpackungen und Verbote für vermeidbare Einwegplastik-Produkte nötig. Bereits dreimal trafen sich die Minister der teilnehmenden Länder. Die letzte Runde soll Ende dieses Jahres in Südkorea stattfinden.

Bindender Vertrag ist notwendig

Eine Meeresschildkröte ist in einem verrottetenden Fischernetz auf dem Meeresboden verendet.  Foto: Imago/Pond5 Images
Ein Kind steht an einem Strand auf Bali inmitten von Müll. Foto: Imago/Pond5 Images

Die vorangehenden Gespräche im November 2023 im kenianischen Nairobi hatten mit Unstimmigkeiten über den Geltungsbereich des Abkommens geendet. Umweltorganisationen befürchteten zudem, dass zu wenige konkrete Schritte geplant seien.

Breiter Konsens herrscht zwar über die grundsätzliche Notwendigkeit eines Vertrags. Ölproduzierende Länder und die Kunststoffindustrie wollen jedoch auf Recycling setzen, um das Plastik-Problem anzugehen, während Umweltorganisationen klare Vorgaben forderten.

Mikroplastik schwimmt im Ozean. Foto: Imago/Pond5 Images
Ein Möwe baut ihr Nest auf einem Haufen Plastikmüll. Foto: Imago/Pond5 Images

Kunststoffindustrie setzt auf chemisches Recycling

Chemisches Recycling nennt Panhuber von Greenpeace eine „Scheinlösung“. „Nur wenn das Problem an der Quelle gestoppt wird, können die Staaten ihr Versprechen einlösen und unsere Gesundheit, Umwelt, Tiere und Klima schützen“, erklärt sie. Panhuber nimmt für Greenpeace ebenfalls an den Verhandlungen in Ottawa teil.

„Technologisch gesehen hat das Recycling von Plastik viele Einschränkungen, und Länder, die über eine gute Infrastruktur verfügen, exportieren ihren Plastikmüll in Länder mit schlechteren Einrichtungen“, betont Matthew MacLeod. Zudem gebe es ein grundsätzliches Problem mit biologisch nicht abbaubaren Materialien. Er fordert daher drastische Maßnahmen, wie etwa ein Verbot des Exports von Kunststoffabfällen, es sei denn, er erfolge in ein Land mit besserem Recycling.

Abgelegene Gegenden seien besonders von Plastikmüll bedroht, wie Annika Jahnke vom Helmholtz Zentrum für Umweltforschung (UFZ) betont. Dort könne Plastikmüll nicht durch Aufräumarbeiten entfernt werden. Auch führe die Verwitterung großer Plastikteile unweigerlich zur Entstehung einer großen Anzahl von Mikro- und Nanoplastikpartikeln sowie zur Auswaschung von Chemikalien, die dem Plastik absichtlich zugesetzt wurden.