US-Präsident Barack Obama wurde bei den Zwischenwahlen abgestraft. Foto:  

Die Lage in den USA und in der Welt schreit förmlich danach, dass der US-Präsident und die Republikaner doch noch gemeinsame Sache machen. Allerdings darf bezweifelt werden, dass die derzeit handelnden Akteure dazu die Kraft aufbringen.

Washington/Stuttgart - Im US-Staat Kentucky warb die demokratische Senatskandidatin im Fernsehen mit dem Slogan: „Ich bin nicht Barack Obama.“ Danach zählte sie ihre Differenzen mit dem Präsidenten auf und demonstrierte ihr Geschick im Tontaubenschießen. Doch es half alles nichts: Sie unterlag dem Republikaner Mitch McConnell, künftiger Mehrheitsführer im Senat, trotzdem deutlich. Wie ihr erging es bei den Zwischenwahlen in den USA noch unzähligen weiteren Demokraten im Senat, im Abgeordnetenhaus und beim Kampf um das Gouverneursamt. Den US-Konservativen gelang ein imposanter Sieg, weil sie sich geschickt die Enttäuschung der Amerikaner über ihren Präsidenten zunutze machten.

Barack Obama, der einst mit großer Rhetorik Millionen Menschen in den USA und darüber hinaus in seinen Bann zog, ist damit bereits Geschichte. Eine „lahme Ente“, wie das im erbarmungslosen US-Politikbetrieb heißt. Seine Partei behandelte ihn im Wahlkampf wie einen Aussätzigen. Jetzt plant sie für den Präsidentschaftswahlkampf 2016, der bereits begonnen hat, erst recht ohne ihn.

Das hat er sich zum guten Teil selbst zuzuschreiben. Denn nach sechs Jahren im Amt trauen ihm die US-Wähler einfach nicht mehr zu, mit der nötigen Führungsstärke die politische Selbstblockade in Washington zu überwinden oder gar die versprochene soziale, wirtschaftliche oder ökologische Modernisierung Amerikas voranzutreiben. Einzige innenpolitische Großtat bleibt die Gesundheitsreform aus der ersten Amtszeit. Und nicht einmal die ist populär. Auch im Ausland hat die Weltmacht durch die sonderbare Unentschlossenheit des Friedensnobelpreisträgers viel an Kredit verspielt. Zwar vermied Obama größere Fehler, wie sie sein Amtsvorgänger George W. Bush mit dem Angriff auf den Irak beging. Doch wirkte er bei den Krisen von Syrien bis zur Krim oft entscheidungsschwach und überfordert. Das Weiße Haus schien mehr zu reagieren, statt Einfluss zu nehmen.

Diese Zwischenwahlen bedeuten also eine Abkehr von Obama und seinen Demokraten. Sie bringen aber keineswegs schon eine Hinwendung zu den Konservativen. Jetzt bereits den Beginn einer neuen Ära der Republikaner auszurufen wäre verfrüht. Zwar mangelt es in ihren Reihen nicht an Anwärtern, die gerne ins Weiße Haus einzögen. Doch zwingend darunter ist keiner. Auch unter ihren Vertretern im Kongress sind die Positionen viel zu unterschiedlich.

Das Spektrum dort reicht von Pragmatikern, die sich zu Recht um die langfristige Entwicklung der US-Staatsfinanzen sorgen, bis zu den Heißspornen der rechten Tea-Party-Bewegung, aus deren Sicht jeder Kompromiss mit den Demokraten gleichbedeutend ist mit einem Kotau vor einer übermächtigen Bundesregierung. Die Wähler sind da oft schon weiter und bringen zum Beispiel eine liberale Haltung zur Homosexuellen-Ehe und die Forderung nach einer sparsameren Politik unter einen Hut. Und auch außenpolitisch sind die Republikaner eine überzeugende Strategie, wie mit den Weltkrisen umzugehen sei, bisher schuldig geblieben.

Die Lage in den USA und in der Welt schreit förmlich danach, dass der US-Präsident und die Republikaner doch noch gemeinsame Sache machen. So wie es beide Seiten jetzt erneut beteuern. Historische Vorbilder aus der Amtszeit Ronald Reagans oder Bill Clintons gäbe es genug. Allerdings darf bezweifelt werden, dass die derzeit handelnden Akteure dazu die Kraft aufbringen. Die US-Wähler haben jetzt lautstark gefordert, dass in Washington endlich wieder regiert wird. Und wann hören Amerikas Politiker zu?