Die Lehrkräfte sollen beim Training auch etwas für sich mitnehmen. Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Bundesweit beginnen derzeit 50 Kurse zum Thema Achtsamkeit – auch in Kornwestheim.

Stress, Ängste, Erschöpfung – die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind nach mehr als zwei Jahren sichtbarer denn je. Mit Wucht getroffen wurden Anfang 2020 auch die Schulen und Betreuungseinrichtungen. Und noch immer sind Kinder, Jugendliche, Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer vielerorts Leidtragende des Virus. Entgegenwirken will nun der gemeinnützige Verein „AKiJu“, was für „Achtsamkeit für Kinder und Jugendliche“ steht.

Wie das gehen soll? Dieser Tage beginnen deutschlandweit 50 Kurse, in denen Expertinnen und Experten mehr als 500 pädagogische Fachkräfte darin fortbilden, Meditations- und Atemübungen für Kinder und Jugendliche anzuleiten. Sie erlernen in einem ersten Schritt Strategien zur Stressbewältigung im Alltag. In Kornwestheim leitet Dagmar Dannwolf die Fortbildung. Derzeit läuft ein Achtsamkeitskursus für zwölf Sozialpädagogen und -pädagoginnen der Stadt sowie eine entsprechende Fortbildung für zehn Lehrkräfte der Silcherschule und des Ernst-Sigle-Gymnasiums (ESG).

Bewusstsein für das eigene Tun

Was dabei geschieht, umschreibt die frühere Grundschullehrerin so: „Im Bewusstsein dessen, dass Lehrkräfte und Sozialpädagogen und -pädagoginnen Lebensbegleiter auf Zeit sind und es nicht nur um Wissensvermittlung geht, ist es wichtig, Räume für achtsame Erfahrungen zu schaffen.“ Bei der Kultivierung von Achtsamkeit gehe es unter anderem darum, Bewusstheit ins eigene Tun zu bringen, die Aufmerksamkeit steuern und Emotionen regulieren zu können sowie Empathiefähigkeit zu entwickeln.

So richtet sich das Angebot auch nicht ausschließlich an die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen – auch die Erwachsenen sollen etwas mitnehmen. „Die Schülerinnen und Schüler sollen durch Achtsamkeitsübungen in ihrer persönlichen Entwicklung gestärkt werden“, so Dannwolf. Auf der anderen Seite seien es die Pädagoginnen und Pädagogen, deren innere Haltung überhaupt erst die stabile Basis bilde, damit Achtsamkeitsarbeit in Bildungseinrichtungen möglich sei.

Kindern wird manchmal zu viel zugemutet

Denn: Lehrkräfte und Betreuende kommen nicht erst seit Pandemiebeginn auf dem Zahnfleisch daher. „Pädagogische Kräfte waren auch schon lange vor der Coronazeit vielfältigen Anforderungen ausgesetzt“, betont Dagmar Dannwolf. Corona habe dies alles noch wesentlich verschärft. Ein Angebot zur Stärkung der Resilienz und zur Vorbeugung vor stressbedingten Auswirkungen auf die Gesundheit sei insofern überfällig. „Viele Forschungsergebnisse belegen, dass die Achtsamkeitspraxis zu einer Verbesserung der Emotionsregulation und so zu weniger Stressanfälligkeit und zur Verringerung des Risikos, psychisch zu erkranken, führt.“

In Kornwestheim begrüßt man das Angebot. „Wir wissen um die aktuellen Belastungen für Kinder und Jugendliche“, sagt Uschi Saur, Leiterin der Abteilung Jugend der Stadt Kornwestheim. Ziel sei, kleinere und wenn möglich auch größere Übungen in den pädagogischen Alltag mit den Kindern und Jugendlichen zu integrieren und so zur Stressreduzierung beizutragen. Ein gemeinsames Statement gibt es von ESG-Rektor Christoph Mühlthaler und Silcherschulleiterin Petra Götz: „Wir erleben bei einigen Kindern sehr deutlich, dass ihnen die Pandemiesituation viel, manchmal zu viel abverlangt.“ Die Lehrerinnen und Lehrer nähmen sich ganz bewusst viel Zeit für diesen Kursus außerhalb des Unterrichts. „So können sie ihre Schülerinnen und Schüler möglichst gut darin unterstützen, mit der aktuellen Situation und mit weiteren Belastungssituationen in der Zukunft gut umzugehen.“

Achtsamkeit-Initiative: Abkürzungen, Rahmen und Förderung

Initiative
 Die Initiative geht vom Verein AKiJu aus, der mit dem MBSR-MBCT-Verband kooperiert. MBSR steht für „Mindful Based Stress Reduction“, MBCT für „Mindfulness Based Cognitive Therapy“. Ersteres ist ein achtsamkeitsbasiertes Training zur Stressreduktion, Dagmar Dannwolf ist zertifizierte Lehrerin. Bei MBCT handelt es sich um achtsamkeitsbasierte Rückfallprophylaxe für Menschen, die wiederholt an Depressionen oder Ängsten leiden.

Bundesweite Aktion
Die Kurse finden im Rahmen des Programms „AUF!leben“ der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung statt, das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wird. Dieses Programm wiederum gehört zur Aktion „Aufholen nach Corona“ der Bundesregierung.

Internet
 Weitere Infos gibt’s auf www.auf-leben.org.