Viehmarkt zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts. Foto: Kornwestheimer Geschichte – Beiträge 2015

Der Verein für Geschichte und Heimatpflege hat seine 25. historische Rückschau herausgebracht.

Kornwestheim - Handnähen, Maschinennähen, Kleidernähen, Musterschnittzeichnen, Stoffkunde, Sticken, Freihandzeichnen, Bügeln, Putzmachen, Gesundheitslehre und Turnen: Diese Fächer sollten die Schülerinnen von Kornwestheims erster Frauenarbeitsschule in die Lage versetzen, „die im Haushalte anfallenden einschlägigen Arbeiten selbstständig ausführen zu können“.

Am 15. Januar 1925 startete die Schule in den Räumen der Silcherschule. Die Geschichte der Frauenschulen in der Stadt – denn es gab mehrere mit verschiedenen Bezeichnungen und Ausrichtungen – hat Stadtarchivarin Natascha Richter für die neue Jahresgabe des Geschichtsvereins aufgearbeitet. Aus welchen sozialen Gegebenheiten heraus sich diese Frauenarbeitsschulen entwickelten, wie die Ausprägung und Ausstattung aussah, wie Ideologien und Zeitgeist sich in Lehrinhalten widerspiegelten und wie schließlich 1966 sogar ein eigenes Schulgebäude eröffnet wurde – das heutige Haus der sozialen Dienste – , dröselt Natascha Richter anschaulich auf. Richters Beitrag „Für das ,Praktisch-Gute’ und ,Einfach-Schöne’“ ist einer von einem knappen Dutzend Aufsätzen, die sich in der neuen Ausgabe mit Kornwestheims Geschichte befassen – im engeren und im weiteren Sinn. In Daniel Kuhns Beitrag zum Weinbau erfährt der Leser neben önologischen Spezifika unter anderem, dass es einst zwischen Holzgrund- und Pflugfelder Straße ebenso Weinstöcke gab wie im Klingelbrunnen oder im Frauenriedweg – und dass am Ende des 19. Jahrhunderts die Reblausplage zu schweren Ernteeinbußen führte.

Die Geschichte der Kornwestheimer Märkte hat sich Christa Mack vorgenommen – und berichtet, dass Kornwestheim eine der wenigen dörflichen Gemeinschaften in Württemberg war, denen im Spätmittelalter das Marktrecht zugestanden worden war. Barbara Geib befasst sich im Beitrag „Hirsch, Linde, Angelplatz und die Geschichte der Familie Payler“ mit früheren Gaststätten und deren Besitzern und Wirten. Ein ehemaliger Gasthof, die „Linde“, beherbergt heute den Antik-Hof.

Passend dazu interviewte Gudrun Dobler den Möbelrestaurator und Antiquitätenhändler Jürgen Schied, der über seine Arbeit und seine Ausstellungsstücke erzählt. Etwa über den Jugendstil-Glasschrank von Ernst Gammel. Der Kornwestheimer war Komponist, Solosänger und Dirigent zahlreicher Chöre und Gesangvereine. Den Schrank hatte Schied aus dem Nachlass von Gammels Enkeln erworben.

Des Themas Trauerkleidung, Trauerschmuck, Beerdigungs- und Abschiedskultur hat sich Ruth Kappel angenommen. Die Kornwestheimer Leichenbesagerin, die Leichenwecken an Kinder verteilte, oder den Schülerchor, der den Leichenzug eröffnete und Sterbelieder sang, beschreibt Kappel ebenso wie Trauerordnungen oder Trauerringe, -Uhrketten oder -Broschen aus Haaren von Verstorbenen.Von der Schullandheim-Initiative für die gesundheitlich geschwächten Nachkriegs-Kinder, die im Kauf des Vogelhofs mündete, erzählt Rüdiger Haußmann in einem empathischen Beitrag. Er zeigt die Entwicklungen und Herausforderungen auf, denen sich der Schullandheimverein immer wieder stellen musste und muss, und kommt zu der Überzeugung: „Geblieben ist bei allen Veränderungen die Möglichkeit, im Schullandheim besondere Erfahrungen zu machen, die so im Schulalltag nicht möglich sind.“

Im Zusammenhang mit der Schule kennt man auch Gerhard Weiß. Im Heft des Geschichtsvereins erleben die Leser den ehemaligen Schulleiter des Ernst-Sigle-Gymnasiums indes von einer unbekannten Seite. Im Interview mit Ursula Paul berichtet er von seinem Kriegseinsatz als junger Soldat. Anlass sind rund 200 Feldpostbriefe und -karten, die er damals seinen Eltern geschrieben hatte und die er jetzt auf Bitten seines Sohnes wieder hervorgeholt, gesichtet und kritisch reflektiert hat.