Die deutsche Besatzung eines Kampfpanzers Leopard 2A6 steht auf dem Truppenübungsplatz Pabrade in Litauen. Foto: dpa/Soeren Stache

Vorbei die Zeiten der Friedensdividende nach dem Kalten Krieg: Die Welt wird immer kriegerischer, die Militärausgaben steigen. Experten rechnen mit einem „noch gefährlicheren Jahrzehnt“ für die Menschheit.

Mit dem Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas, der andauernden russischen Invasion in der Ukraine sowie Spannungen in Asien und Konflikten in Afrika zeichnet sich nach Einschätzung von Experten ein „noch gefährlicheres Jahrzehnt“ für die Menschheit ab.

Welt ist aus der Balance geraten

Die Welt sei in ein „höchst unbeständiges Sicherheitsumfeld“ eingetreten, das anhalten werde, heißt es in dem am Dienstag (13. Februar) veröffentlichten Jahresbericht zum militärischen Gleichgewicht (The Military Balance 2024) britischen Internationalen Instituts für Strategische Studien (IISS). In der Folge könnten die weltweiten Militärausgaben in diesem Jahr auf einen Rekordwert steigen.

Seit 1958 veröffentlicht die im selben Jahr gegründete britische Denkfabrik jährlich die Publikation The Military Balance, eine detaillierte Übersicht über das weltweite Militärpotenzial.

„Wahrscheinlich noch gefährlicheres Jahrzehnt“

Die derzeitige militärisch-sicherheitspolitische Lage sei der Vorbote eines „wahrscheinlich noch gefährlicheren Jahrzehnts“. Dieses sei davon geprägt dass Staaten ihre militärische Macht ausnutzten, um ihre Ansprüche durchzusetzen, heißt es in dem Bericht.

Diese unsichere Situation führt demnach zu einer Neuordnung der weltweiten Verteidigungsindustrie – mit einer Aufstockung der Waffenproduktion in den USA und Europa, heißt es in dem Bericht.

Weltweite Militärausgaben steigen weiter

Aufgrund des Kriegs in der Ukraine sowie wachsenden Spannungen mit China sind die weltweiten Militärausgaben den Experten zufolge im vergangenen Jahr um neun Prozent auf einen Rekordwert von 2,2 Billionen US-Dollar (zwei Billionen Euro) gestiegen. Dieser könnte sich IISS demnach in diesem Jahr sogar noch erhöhen.

Russland und China investieren den Experten zufolge mittlerweile mehr als 30 Prozent ihrer Staatsausgaben in die Verteidigung, während der Westen die Produktion von Raketen und Munition nur langsam erhöht.

Verteidigungsausgaben bei Nato-Staaten hinken hinterher

Von den Nato-Staaten gaben den IISS-Angaben zufolge nur zehn Mitglieder den festgelegten Satz von mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für die Verteidigung aus.

Nach einer Schätzung von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg werden 2024 allerdings bereits rund zwei Drittel der Nato-Länder das Zwei-Prozent-Ziel erreichen, wie Bündnis-Mitarbeiter am Dienstag in Brüssel mitteilten.

Wie hoch sind die Militärausgaben der Nato?

Insgesamt betrugen die Militärausgaben des Nato-Bündnisses im Jahr 2022 rund 1,175 Billionen Dollar (1,09 Billionen Euro). Davon entfielen gut 822 Milliarden Dollar (762 Milliarden Euro) auf die USA und 353 Milliarden Dollar (327 Milliarden Euro) auf die übrigen 29 NATO-Staaten entfallen. Der Verteidigungsetat der USA beträgt in diesem Jahr insgesamt 886 Milliarden Dollar (knapp 822 Milliarden Euro).

Deutschland gibt 2024 rund 71 Milliarden Euro für Verteidigung aus. Um das Zweiprozentziel der Nato zu erfüllen, müsste es noch deutlich mehr sein. Das entspricht 1,6 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung. Zum Erreichen des Zweiprozentziels wären weitere 17 Milliarden Euro nötig.

Debatte um höhere Militärausgaben

Ex-US-Präsident Donald Trump hatte mit einer Aussage bei einem Wahlkampfauftritt die Debatte über langfristig höhere Militärausgaben befeuert. Der Republikaner hatte damit gedroht, Nato-Ländern bei einem Angriff nicht zu Hilfe kommen, die nicht genug für Verteidigung ausgäben. Er würde dann die Russen sogar ermutigen mit diesen Ländern zu tun, „was immer sie wollen“.

Info: Nuklearmächte

Sprengköpfe
Die Gesamtzahl der nuklearen Sprengköpfe im Besitz der Atommächte Großbritannien, China, Frankreich, Indien, Israel, Nordkorea, Pakistan, USA und Russland ging laut Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri 2022 von 12 710 auf 12 512 zurück. Davon waren demnach allerdings 9576 in „militärischem Lager- und Bestand
Sipri unterscheidet bei seinen Recherchen zwischen einsatzbereitem Lagerbestand und Gesamtbestand. Zu Letzterem gehören auch ältere Atomwaffen und solche, die für den Rückbau bestimmt sind. Der Lagerbestand bezeichnet die „nutzbaren Atomwaffensprengköpfe und diese Zahlen beginnen leicht zu steigen“. Die Zahl sei aber noch weit entfernt von den mehr als 70 000 während der 1980er Jahre.

Atomare Arsenale
Überblick über die Atommächte und ihre atomaren Arsenale 2023:

• Atomare Sprengköpfe insgesamt: 12.512

• davon einsetzbar: 3844

• davon in Reserve: 8668

• China: 410 atomare Sprengköpfe in Reserve

• Frankreich: 290 atomare Sprengköpfe

• davon einsetzbar: 10

• davon in Reserve: 280

• Großbritannien: 225 atomare Sprengköpfe

• davon einsetzbar: 120

• davon in Reserve: 105

• Indien: 164 atomare Sprengköpfe in Reserve

• Israel: 90 atomare Sprengköpfe in Reserve

• Nordkorea: circa 30 atomare Sprengköpfe in Reserve

• Pakistan: 170 atomare Sprengköpfe in Reserve

• Russland: 5889 atomare Sprengköpfe

• davon einsetzbar: 4215

• davon in Reserve: 1674

• USA: 5244 atomare Sprengköpfe

• davon einsatzbar: 1770

• davon in Reserve: 3474

• Der Großteil der aktuellen Steigerung ist auf China zurückzuführen, das seinen Lagerbestand von 350 auf 410 Atomwaffensprengköpfe erhöhte. Indien, Pakistan, Nordkorea und in einem geringeren Maße auch Russland erhöhten ebenfalls ihre Lagerbestände. Die übrigen Atommächte behielten ihre Zahlen bei.

• Russland und die USA verfügen nach wie vor gemeinsam über fast 90 Prozent aller Atomwaffen weltweit.