Kritiker meinen, das Land solle eher den sozialen Wohnungsbau fördern Foto: dpa

Grün-Rot setzt zum 1. Juli in 44 Kommunen eine erste Mietpreisbremse in Kraft. Ob die Maßnahme etwas bringt, ist allerdings umstritten. Der Verband der Hausbesitzer übt - keine Überraschung - heftige Kritik.

Stuttgart - Die Beamten von Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) haben in einem ersten Schritt 44 Kommunen im Land festgelegt, in denen sowohl bei bestehenden Verträgen als auch bei Neuvermietungen die Grenzen für Mieterhöhungen gesenkt werden sollen. In Kraft tritt zunächst nur die Bremse für bestehende Verträge, und zwar am 1. Juli. Die Liste für die Neuvermietungen, die 24 weitere Kommunen im Land umfasst, ist noch bis 10. August in der Anhörung. Diese zweite Maßnahme dürfte daher wohl nicht vor Oktober greifen.

Die Regelungen

Die Mietpreisbremse für bestehende Verträge nennt man in Fachkreisen Absenkung der Kappungsgrenze: Die Miete darf demnach nur noch um höchstens 15 Prozent innerhalb von drei Jahren erhöht werden (bisher: 20 Prozent). Zudem wird in den betroffenen Kommunen die Kündigungsfrist für die Umwandlung in Eigentumswohnungen von drei auf fünf Jahre verlängert. Die zweite Mietpreisbremse sieht vor, dass bei einer Neuvermietung die Miete nur noch höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Bislang liegt die Höchstgrenze bei 20 Prozent.

Die VorgehensweiseDas Land hat mit Hilfe der Zahlen der jüngsten Volkszählung (Zensus) in jeder Gemeinde im Südwesten den Wohnungsbestand, die Zahl der Haushalte sowie das Durchschnittseinkommen angeschaut. Grob gesagt: Sind Einkommen und der Wohnungsversorgungsgrad unterdurchschnittlich, gilt der Wohnungsmarkt als derart angespannt, dass man die Bremse für bestehende Verträge einführt. Bei der Bremse für Neuvermietungen hat das Land zudem Daten von einer Privatfirma gekauft, die den aktuellen Wohnungsmarkt im Blick hat, also die inserierten Angebote. Laut Ministerium handelt es sich dabei um Zahlen vom Stand Ende 2013.

Die Kritik

Sowohl der Verband der Hausbesitzer (Haus und Grund) als auch die kommunalen Landesverbände halten die Berechnungsmethode für willkürlich und schwer nachvollziehbar. Zudem wird – auch vom Verband der Wohnungswirtschaft – kritisiert, dass der Staat mit den Regulierungen eher das Gegenteil erreichen dürfte: Investoren bauen weniger, der Wohnungsmarkt würde noch angespannter, das Wohnen demnach noch teurer. Die Große Koalition in Berlin, die den Ländern die Einführung der Mietpreisbremsen ermöglicht hat, hat dieses Argument allerdings berücksichtigt: Neubauten und grundsanierte Wohnungen sind von der Mietpreisbremse ausgenommen, zumindest bei der Erstvermietung.

Die Ausnahme

14 der 44 Kommunen, für die das Land die erste Mietpreisbremse einführen will, wehrten sich dagegen, vier andere Kommunen wollten zusätzlich aufgenommen werden (darunter Bietigheim-Bissingen und Esslingen). Ausnahmen ließ das Land aber bislang nur in begründeten Ausnahmefällen zu, denn sonst wird das Vorgehen angreifbar. Nur Neuenburg am Rhein (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) konnte das Land durch das Vorlegen neuer Zahlen davon überzeugen, dass es von der Liste der ersten Bremse genommen wird. Ob es auch die Bremse bei Neuvermietungen abwehren kann, wird die zweite Anhörung zeigen.

Die Reaktionen

Die CDU im Landtag wirft Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) vor, mit der Mietpreisbremse die Wohnungswirtschaft sowie die Hausbesitzer ein weiteres Mal unnötig zu gängeln. „Mehr Ziegelsteine und weniger Bürokratie – das schafft Wohnraum“, sagte der Abgeordnete Tobias Wald.

Der Verband der Hausbesitzer (Haus und Grund) befürchtet darüber hinaus, dass die Mietpreisbremsen nur der Anfang weiterer staatlicher Eingriffe zur kompletten Regulierung des Mietmarkts sind: Vor allem die SPD in Berlin will nicht nur einheitliche Regeln für das Aufstellen von Mietspiegeln erlassen. Darüber nachgedacht werde in Berlin auch, die Vermieter anschließend auch noch dazu zu verpflichten, ihre Miethöhen den zuständigen Stellen mitzuteilen, so ein Sprecher von Haus und Grund.