Leidenschaftliches Plädoyer für weniger Waffen: Emma Gonzalez nach dem Massaker von Parkland. Foto: AFP

Die 18-jährige Emma Gonzalez ist das Gesicht der jungen Protestbewegung gegen den nahezu unkontrollierten Waffenbesitz in den USA. Ihre bewegende und kämpferische Rede erreicht die Herzen vieler Menschen.

Florida - Als der Todesschütze durch die Schule streifte und ihre Mitschüler mit einem Sturmgewehr niedermähte, kauerte Emma Gonzalez im dunklen Auditorium ihrer Schule und dachte, alles sei nur eine Übung. Erst später begriff die 18-Jährige, was geschehen war – und dass ein Bekannter von ihr erschossen worden war. Seit diesem Tag ist alles anders. Gonzalez hat beschlossen zu kämpfen. Das sei ihre Art, um die 17 Todesopfer des Massakers vom vorigen Mittwoch zu trauern, sagt sie.

Kurz vor ihrem Abitur an der Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland im US-Bundesstaat Florida ist Emma Gonzalez zum Gesicht einer neuen Protestbewegung gegen den freien Verkauf von Waffen in den USA geworden.   Ihre leidenschaftliche und wütende Rede gegen die von der Waffenlobby bezahlten Politiker bei einer Demonstration in Fort Lauderdale am Samstag hat Gonzalez schlagartig im ganzen Land berühmt gemacht. Inzwischen melden sich Prominente, um ihr zu danken. Am Wochenende rief die Popsängerin Demi Lovato bei Gonzalez an. Auf Twitter beschrieben Tausende Amerikaner unter dem Hashtag #EmmaGonzalez, wie sehr sie von der Ansprache der Oberschülerin berührt worden seien.   Die Rede hatte Gonzalez am Samstagmorgen auf den Rückseiten ihrer Notizen aus dem Politikunterricht geschrieben.

Ein Anfang ist gemacht

Die 18-Jährige gehört zu einer kleinen Gruppe von Schülern, die nach dem Massaker eine politische Kampagne gestartet haben. An diesem Mittwoch wollen sie mit Gleichgesinnten vor dem Parlament von Florida in Tallahassee demonstrieren, für den 24. März planen sie eine Kundgebung in Washington. Sie rufen zu ähnlichen Aktionen im ganzen Land auf; in einigen Oberschulen sollen in den kommenden Tagen während der Unterrichtszeit Protestmärsche stattfinden. „Das ist jetzt mein Projekt“, sagt Gonzalez.   Schnelle Lösungen erwarte sie dabei nicht, betont die Schülerin. Dafür sei der Staatsapparat zu schwerfällig.

Aber der Anfang ist gemacht. Ganz Amerika hört den Schülern aus Florida zu, und Gonzalez ist ihre Stimme. Bewusst reden sie und andere Überlebende öffentlich über das, was sie durchgemacht haben – darin liegt ihre unangreifbare Glaubwürdigkeit: Welcher Politiker will schon einem jungen Mädchen, das knapp dem Tode entronnen ist, ins Gesicht sagen, dass sich die Waffengesetze nicht ändern werden? Die NRA, der mächtige Verband der Waffenlobby, ist auf Tauchstation gegangen und hat seit dem Tag des Massakers an Douglas High keine Twittermeldung mehr abgesetzt.  

BS steht für Bullshit

Gonzalez ist nicht allein. Die 15-jährige Christine Yared, ebenfalls eine Überlebende des Massakers, schrieb einen Appell für strengere Waffengesetze in der „New York Times“, der 17-jährige Cameron Kasky gab ein Interview in CNN. Die jungen Leute gehen mit großem Selbstbewusstsein ans Werk. „Das ist etwas, das beendet werden kann und auch beendet werden wird“, sagte Kasky über die vielen Schusswaffen-Massaker in den USA. Gonzalez sagte in ihrer Rede in Fort Lauderdale, ihre Generation werde Geschichte schreiben: „Wir sind die Kinder, über die man später in Lehrbüchern lesen wird.“ Das Massaker an Douglas High werde das letzte seiner Art gewesen sein.  

Zornig wischen die Schüler die Floskeln der Politiker vom Tisch. „BS beim Namen nennen“ lautet ihr Motto – BS steht für Bullshit. „Wenn jemand sagt, Schusswaffen seien nur Werkzeuge wie Messer und nicht gefährlicher als Autos – wir nennen BS beim Namen“, sagte Gonzalez in ihrer Rede.

So mancher Amerikaner hätte den als vergnügungssüchtig und unpolitisch geltenden Teenagern ein solches Engagement nicht zugetraut.   Allerdings ist offen, wie sehr die Wut der Schüler die Politik nachhaltig erschüttern kann. Das Schweigen der NRA und die Weigerung vieler Waffenanhänger in Senat und Repräsentantenhaus, sich den jungen Leuten zu stellen, deutet darauf hin, dass sie den Schwung der Proteste ins Leere laufen lassen wollen. Wird in Amerika in einem halben Jahr noch wissen, wer Emma Gonzalez ist? Viele in Washington wünschen sich, dass die Antwort Nein lautet.