Frank Hanebuth: Im Strafprozess gegen Dutzende mutmaßliche Angehörige der Hells Angels ist der frühere deutsche Rocker-Boss in Spanien freigesprochen worden. Foto: dpa/Moritz Frankenberg

Happy End für Frank Hanebuth und zahlreiche ehemalige „Höllenengel“ in Spanien. In einem Strafprozess in Madrid gab es milde Urteile, der Deutsche aus der Region Hannover wurde sogar freigesprochen. Damit wird eine lange und facettenreiche Geschichte zu den Akten gelegt.

Ein leicht verspätetes Geburtstagsgeschenk: Zwei Wochen, nachdem er 59 Jahre alt wurde, hat Frank Hanebuth an diesem Dienstagnachmittag den ersehnten Anruf seiner spanischen Anwältin erhalten. Freispruch! Der langjährige Chef der Hannoveraner Hells Angels muss nicht zurück nach Spanien ins Gefängnis. Dort verbrachte er bereits zwei Jahre in U-Haft, im südspanischen Cádiz, weit weg von Freunden und Familie, und durfte das Land danach ein paar weitere Jahre nicht verlassen.

Zu Unrecht, sagt Spaniens Nationaler Gerichtshof, der zuständig ist für Fälle organisierten Verbrechens. An diesem Dienstag hat das Madrider Gericht die Urteile in dem Makroprozess gegen 45 Angeklagte bekannt gegeben, die beschuldigt wurden, auf Mallorca einer kriminellen Organisation angehört oder mit ihr Geschäfte gemacht zu haben: den Hells Angels.

„Mein Mandant hat nichts getan“

Angeführt worden seien sie von Frank Hanebuth. Doch der und zwölf weitere Angeklagte wurden freigesprochen, 32 andere Beschuldigte kamen mit niedrigen Haftstrafen davon, die sie – gegen Zahlung einer Geldstrafe – nicht antreten müssen.

In dem 489 Seiten langen Urteil steht immer wieder zu lesen: „Es konnte nicht nachgewiesen werden“, „es ist nicht aktenkundig“, „ebenfalls ist nicht belegt“, „es wurde nicht bewiesen“. Von 2013 bis 2022 hatte die Staatsanwaltschaft Beweismaterial gegen Hanebuth und seine Mitangeklagten gesammelt, aber das Material war schwach. Schon während des öffentlichen Verfahrens Ende Januar und Anfang Februar dieses Jahres drängte sich der Eindruck auf, dass hier ein großer Gangsterprozess ohne Gangster stattfand. Die Hanebuth-Anwältin Ana Madera sagt über das Urteil: „Es stellt fest, was wirklich geschehen ist: Mein Mandant hat nichts getan.“ Nichts Böses, versteht sich.

In dem Prozess gegen die 45 Angeklagten ging es vor allem darum festzustellen, ob die Hells Angels auf Mallorca eine kriminelle Vereinigung darstellten. So sah es die Staatsanwaltschaft, und sie hielt Hanebuth für den Kopf der Organisation. Deswegen – und wegen vorgeblicher Geldwäsche, illegalen Waffenbesitzes und Drohungen – forderte sie für ihn insgesamt zwölf Jahre Haft. Und deswegen saß er vom 23. Juli 2013 bis zum 27. Juli 2015 in Untersuchungshaft. Er nahm das so gelassen, wie man sowas nehmen kann: „Ich bin ja nicht aus Zucker“, sagte er nach seiner Freilassung im Gespräch mit der Mallorca-Zeitung.

Keine kriminelle Vereinigung

Der Nationale Gerichtshof schreibt nun in seinem – in den Worten der Anwältin Madera – „sehr ausgearbeiteten“ Urteil, dass die meisten Angeklagten Verbindungen zum Hells Angels Motor Club gehabt hätten, doch „ohne dass es Beweise dafür gibt, dass die mit diesem verbundenen Personen Teil einer hierarchischen kriminellen Struktur sind, die den Anschein von Dauerhaftigkeit erweckt und in der jedes ihrer Mitglieder eine spezifische Rolle übernimmt, nach Art eines kriminellen Unternehmens, das sich der Erzielung von Gewinnen widmet, die in einen gemeinsamen Fonds eingezahlt werden, um den Bedarf dieser Struktur zu decken und die angeblichen kriminellen Aktivitäten fortzusetzen“.

Das heißt: Die Hells Angels auf Mallorca waren nach Ansicht des Gerichts keine kriminelle Vereinigung, was nicht ausschließt, dass einige ihrer Mitglieder Delikte begangen haben. Schon während des Prozesses Anfang des Jahres in der Nähe von Madrid gaben 35 der Beklagten ein Schuldeingeständnis ab – Frank Hanebuth nicht. 32 von ihnen hat das Gericht zu Haftstrafen von unter zwei Jahren verurteilt.

Hanebuth bekam einen Freispruch – „nach zehn Jahren Horror und zwei Jahren Untersuchungshaft“, sagt seine Anwältin. Sie will ihrem Klienten – „den ich liebgewonnen habe“ – raten, Entschädigung für die erlittene Untersuchungshaft und für den Verdienstausfall während seines Zwangsaufenthaltes in Spanien zu fordern. Noch sind die Urteile nicht rechtskräftig, Staatsanwaltschaft und Anwälte können noch Einspruch gegen sie erheben. „Ich bin erleichtert, dass die Gerechtigkeit gesiegt hat“, teilte Hanebuth am Dienstag in Hannover mit. „Ich habe immer wieder gesagt, dass ich unschuldig bin. Angst vor einer Haftstrafe hatte ich nicht, ich habe vor nichts Angst.“