Generalbundesanwalt Frank und Innenminister Seehofer stellten erste Ermittlungsergebnisse vor . Foto: AFP

Nach dem Geständnis im Fall Lübcke suchen Ermittler nach Mittätern. Es geht auch um Verbindungen zum NSU.

Berlin - Nach dem Geständnis im Fall des ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke suchen die Ermittler nach Mitwissern, Helfern und einem möglichen Terrornetzwerk. Zwar habe der Verdächtige Stephan E. behauptet, er habe die Erschießung alleine vorbereitet und durchgeführt, berichtete der Generalbundesanwalt Peter Frank am Mittwoch am Rande einer Sondersitzung des Innenausschusses im Bundestag. Ob dies stimme, würden aber die Ermittlungen zeigen. Auch wenn Frank nichts konkretes zum Tatmotiv sagte, so machte er deutlich, dass die Bundesanwaltschaft klar von einem rechtsextremen Motiv ausgeht.

Damit wäre klar, dass mit Walter Lübcke zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik ein Politiker einem rechtsextremen Täter zum Opfer fiel. Die Zahl der Opfer rechten Terrors in Deutschland liegt seit 1990 – je nach Zählweise – bei mindestens 75 Toten.

Stephan E. hat seit den 80ern eine Vorgeschichte als krimineller Neonazi

Nach der Sitzung des Innenausschusses äußerten Parlamentarier nahezu aller Fraktionen, neben der Suche nach Mittätern müsse aufgeklärt werden, ob es rechtsterroristische Netzwerke gebe und ob der Fall Lübcke irgendwelche Verbindungen zum Terrornetzwerk NSU aufweise. Möglicherweise müsse die Geschichte des NSU neu geschrieben werden, sagte die grüne Innenexpertein Irene Mihalic.

Stephan E. hat seit den 80ern eine Vorgeschichte als krimineller Neonazi. In den Jahren, in denen das Terrortrio mordete, war er in der Kasseler Neonaziszene aktiv und pflegte Verbindungen in die Szene Dortmunds. An beiden Orten tötete der NSU. Vertreter der Opposition kritisierten, die Bundesregierung habe die Bedrohung durch Rechtsterrorismus unterschätzt. „Der Fall Lübcke ist leider keine Zäsur, wie der Bundesinnenminister behauptet“, sagte der FDP-Innenexperte Benjamin Strasser unserer Zeitung. „Er ist eine traurige Fortsetzung eskalierender rechtsextremer Gewalt in Deutschland.“ Der Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang, räumte ein, sein Amt müsse sich für die Bekämpfung des Rechtsextremismus stärker aufstellen.

Angela Merkel fordert eine klare Abgrenzung

Kanzlerin Angela Merkel forderte im Bundestag eine klare Abgrenzung zum Rechtsextremismus. Wichtig sei, dass „wir auch gar keine Lücken eröffnen, um überhaupt Gedanken zuzulassen, die solchen rechtsextremistischen Taten in irgendeiner Weise Legitimität verschaffen“. Der CDU-Innenexperte Armin Schuster wies der AfD indirekt eine Mitverantwortung für Gewalt zu, die durch Hetze entstehe. „Die Politiker, die die Worte nicht auf die Goldwaage gelegt haben am rechten Rand, die Regierungen jagen wollen, die gesagt haben, wir holen uns dieses Land zurück, und man müsse denen an den Kragen gehen – die sehen jetzt, was sie angerichtet haben“, sagte Schuster unserer Zeitung.