Der bekannte nepalesische Bergführer Kami Rita vom Volk der Sherpa kommt am Flughafen in Kathmandu an (Archivbild). Rita hat am 12. Mai 2024 um 29. Mal den Mount Everest bestiegen und damit seinen eigenen Rekord überboten. Foto: AP/Niranjan Shrestha/dpa

Kami Rita Sherpa ist Bergführer und hatte den Mount Everest erstmals 1994 bezwungen – und das fast jedes Jahr wiederholt. Nicht aus Spaß, sondern weil er damit Geld verdient. Nun hat seinen eigenen Gipfel-Rekord gebrochen.

Der bekannte nepalesische Bergführer Kami Rita Sherpa hat zum 29. Mal den Mount Everest bestiegen und damit seinen eigenen Rekord ausgebaut.

12. Mai, 7.25 Uhr: Neuer Everest-Rekord

Der 54-Jährige habe den Gipfel des mit gut 8848 Metern höchsten Berges der Welt am Sonntagmorgen um 7.25 Uhr Ortszeit erreicht, sagte ein nepalesischer Behördenmitarbeiter, der sich gegenwärtig beim Everest-Basislager aufhält. Sherpa habe als Bergführer eine Gruppe begleitet, erklärte der Chef seiner Expeditionsfirma Seven Summit Treks, Mingma Sherpa.

Kami Rita Sherpa hatte den Mount Everest erstmals 1994 bezwungen und dies nach Angaben des Guinness-Buchs der Rekorde seither fast jedes Jahr wiederholt – als Teil seiner Arbeit. Er erklomm auch mehrere andere Achttausender im Himalaja.

Der Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde ist Sherpa sicher. Foto: AP/Niranjan Shrestha/dpa

Ohne Sherpas geht nichts

Sherpas auf einem Gebirgspfad bei Zamphute, einem Dorf in Nepal. Foto: AP/dpa
Ein Sherpa mit Sauerstoffflaschen am Everest. Foto: AP/dpa
Menschliche Packesel: Ein Sherpa auf dem Weg zum Höhencamp am Everest. Foto: AP/dpa

Sherpas sind eine ethnische Gruppe aus der Region, deren Angehörige häufig als Führer und Träger für Bergsteiger aus dem Ausland arbeiten. Kami Rita Sherpa war selbst zunächst Träger und später dann Bergführer. Ohne dieses Gebirgsvolk würde kein ausländischer Bergsteiger im Himalaya ans Ziel gelangen.

Sherpas sind ideal an das raue Klima und die unwirtlichen Lebensbedingungen im Hochland des Himalaya angepasst. Die höchsten Dörfer liegen auf über 5000 Meter. Ihren Lebensunterhalt verdienen sie als Bauern, Händler sowie als Gepäckträger und Führer bei Hochgebirgs-Expeditionen.

Die Sherpa wanderten vor 300 bis 400 Jahren aus der osttibetischen Region Kham in das Zentral- und Süd-Himalaya ein. Das tibetische Wort Sherpa bedeutet Volk aus dem Osten. Die meisten der rund 180 000 Sherpas – rund 155 000 – leben im Osten Nepals in Solu-Khumbu, einer von 75 Distrikten in dem Himalaya-Staat, sowie in den grenznahen Regionen Chinas und Indiens. Sie sind überwiegend buddhistischen Glaubens und sprechen eine eigene Sprache, die ebenfalls Sherpa genannt wird.

Eine Gruppe Bergsteiger mit Sherpas am Everest-Massiv. Foto: AP/dpa
Sherpas schleppen 30 Kilogramm und mehr an Gepäck die Gipfel hinauf und wieder runter. Foto: AP/dpa
Bergsteiger mit Sherpas auf dem Weg zum Gipfel des Everest. Foto: AP/dpa

Klettersaison geht von April bis Juni

Der Gipfel des Mount Everest ist diese Saison, die von April bis Juni geht, offiziell für Besteigungen geführter kommerzieller Expeditionsgruppen bereit. Eine Gruppe nepalesischer Sherpas habe am Freitagabend (10. Mai) die letzten Seile bis zur Spitze des höchsten Bergs der Welt angebracht, sagte ein Sprecher der nepalesischen Tourismusbehörde. Diese ermöglichen es einer Mehrzahl von ausländischen Bergsteigern überhaupt erst, es über schwierige Stellen ganz nach oben zu schaffen,

Bei der derzeitigen Everest-Hauptsaison sind Abenteurer bereits am Berg und akklimatisieren sich. Das heißt, sie gewöhnen sich langsam an den geringeren Sauerstoffgehalt in großen Höhen, indem sie unter anderem Zeit in verschiedenen Höhenlagen verbringen.

Ganz nach oben hat es in diesem Frühjahr aber erst ein Team erfolgreich geschafft – und zwar das zehnköpfige Sherpa-Team, das die Seile anbrachte. Nun können auch kommerzielle Gruppen versuchen, die Spitze zu erreichen – sobald es dazu geeignete Wetterfenster gibt.

Tenzing Norgay, der berühmteste Sherpa, mit Edmund Hillary. Foto: AP/dpa
Ein Sherpa-Ehepaar mit dem Bild ihres toten Sohnes, der 2014 beim schweren Lawinenunglück am Mount Everest ums Leben kam. Foto: AP/dpa
Ein Vogel fliegt vor dem Mount Everest. Foto: AP/Niranjan Shrestha/dpa

40 000 bis 80 000 Euro für das Gipfel-Abenteuer

Im Frühling versuchen jeweils die meisten Menschen einen Aufstieg auf den Mount Everest, weil dann die Bedingungen in der Regel am besten sind. Der Berg befindet sich auf der Grenze zwischen Nepal und China im Himalaja und kann von beiden Seiten bestiegen werden. Und wer dies tun will, muss jeweils eine kostenpflichtige Genehmigung in den Ländern beantragen. In Nepal kostet diese 11 000 Dollar – in China mehr, wo Aufstiege seltener sind.

In Nepal stellte die zuständige Tourismusbehörde insgesamt 414 Menschen eine Bewilligung aus – darunter 75 Frauen. Insgesamt kostet ein Everest-Abenteuer in der Regel mindestens 40 000 Euro pro Person – und oft sogar das Doppelte. Darin enthalten sind neben der Behördengebühr ein lokales Helferteam, das die ausländischen Bergsteiger führt, Gepäck trägt und kocht sowie Kosten für Unterkunft, Flüge und Ausrüstung samt Sauerstoffflaschen.

Info: Routen auf den Mount Everest

Klassiker
Wer auf den Gipfel des Mount Everest will, hat die Qual der Wahl. 20 bisher begangene Wege führen auf das Dach der Welt. Die beiden klassischen, meist bestiegenen Routen führen über den Südostgrat sowie über den Nord- und Nordostgrat auf 8848 Meter.

Extremrouten
Daneben gibt es Routen, die über den Westgrat (1963), die Südwestwand (1975), die Nordwand, den Südpfeiler (beide 1980), die Ostwand (1983), die Ostwand (Kangshung-Wand, 1988) und den Nordnordost-Couloir (1996) führen.

Normalroute
Routenverlauf: Basislager – Khumbu-Eisfall – Tal des Schweigens (Western Cwm) – Lhotse-Flanke – Südsattel – Südostgrat – Hillary Step – Gipfel.

Basislager – Khumbu-Eisfall
Diese Route gingen Edmund Hillary und Tenzing Norgay im Mai 1953 bei ihrer Erstbesteigung des Mount Everest. Das Basislager auf nepalesischer Seite befindet sich 540 Meter unterhalb des Khumbu-Gletschers. Diese 600 Meter hohe Eisbruch beginnt auf 5400 Meter und zieht sich bis zum Tal des Schweigens auf 6000 Meter. Die umstürzenden und brechenden Eisblöcken von teils gigantischer Größe sind extrem gefährlich und verändern sich jeden Tag je nach Wetter und Sonnenstrahlung. Jedes Jahr vor Beginn der Klettersaison im April/Mai sichern Sherpas die Passage mit Fixseilen und Leitern. Der Eisbruch gilt als einer der gefährlichsten Wege auf der Erde.

Tal des Schweigens
Weiter geht es in das Tal des Schweigens. Dieser Talkessel beginnt auf 6000 Meter und endet nach fast fünf Kilometern auf 6780 Metern Höhe. Hier wird auch das vorgeschobene Basislager errichtet.

Lhotse-Wand – Südsattel – Südostgrat
Von dort führt der Weg zur Lhotse-Wand auf der Westflanke des Lhotse. Der 8516 Meter hohe Lhotse ist der Nachbarberg des Mount Everest und mit ihm über den 7986 Meter hohen Südsattel verbunden. Die Lhotse-Flanke ist 60 Grad steil und umfasst 1000 Höhenmeter. Auf 7900 Meter erreicht man den Südsattel (South Col). Hier wird das letzte Lager vor dem Aufbruch zum Gipfel aufgeschlagen. Weiter geht es den Südostgrat (Southeast Rigde) hinauf bis zum Südgipfel auf 8751 Meter.

Hillary Step
Der Gipfel ist schon zum Greifen nah, da tut sich plötzlich das letzte große Hindernis auf – der Hillary Step. Eine zwölf Meter hohe, 70 Grad steile Felsstufe, die nach ihrem Erstbezwinger Edmund Hillary benannt wurde. Die schwierige Kletterpassage ist mit Fixseilen gesichert, die Sherpas vor jeder Klettersaison überprüfen und erneuern.

Stau auf dem Weg zum Gipfel
Nach rund zwölf Stunden Kraxelei ist der Gipfel auf 8848 Metern erreicht. An den wenigen freundlichen Tagen im Mai stauen sich auf dem höchsten Punkt der Erde die Bergsteiger. Es kann zu mehrstündigen Wartezeiten kommen, bis man an der Reihe ist. Da niemand später als 14 Uhr den Gipfel wieder verlassen sollte, weil sonst die Gefahr des Auskühlens zu groß ist, müssen viele Bergsteiger 100 Meter unterhalb des Gipfels erschöpft wieder umkehren.

Gipfel
Endpunkt aller Routen über den Südost-, West-, Nordost- und Nordgrat sowie über den Hornbein-Couloir ist das gerademal zwei Quadratmeter große Gipfelplateau, auf dem an guten Klettertagen ein Kommen und Gehen wie auf einem Jahrmarkt herrscht.