Gerichtsprozess Foto: picture alliance/dpa/Stefan Puchner

Ein 28-Jähriger erledigte seine Beutezüge per Fahrrad.

Remseck/Kornwestheim - Für den Dieb – immer in der Nacht mit seinem Fahrrad unterwegs – erwiesen sich offene Autos und Häuser als wahre Fundgrube. Er holte alles heraus, was sich schnell zu Geld machen lässt und „erwirtschaftete“ von August 2019 bis September 2021 so mehr als 21 000 Euro. Verantworten musste sich der berufslose Remsecker vor dem Amtsgericht Ludwigsburg nun für insgesamt 35 Fälle des gewerbsmäßigen und damit besonders schweren Diebstahls, teilweise in Verbindung mit Computerbetrug, denn er erbeutete auch zahlreiche Bankkarten, die Leute unvorsichtigerweise in ihren nicht verschlossenen Autos liegen gelassen hatten. In einem Fall war sogar die PIN-Nummer dabei, und in einem anderen Fall lagen gleich fünf Karten im Auto.

Viele Tatorte

Die Tatorte reichten von Remseck über Kornwestheim, Asperg, Benningen, Ludwigsburg und Bietigheim-Bissingen bis nach Waiblingen-Bittenfeld, Fellbach, Schwäbisch Gmünd und Stuttgart. Der Fahrradfahrer aus Remseck hatte also nachts ziemlich fleißig in die Pedale getreten, um mit wachem Blick unverschlossene Autos und Häuser zu erspähen. Aus Asperg trat er die Rückreise nach Remseck auf seinem Drahtesel sogar mitsamt Rollkoffer an, den in einem nicht verschlossenen Auto entdeckt hatte.

Bei den nächtlichen Diebstählen aus den Fahrzeugen war die Gefahr recht gering, auf Zeugen zu treffen. Anders verhielt es sich dagegen, wenn er die Wohnungen heimsuchte. In Kornwestheim hatte eine Frau die Wohnungsschlüssel im Wagen liegen lassen. Der Angeklagte bediente sich, stieg in die Wohnung ein und traf dort auf ein Kind, das nachts auf die Toilette musste. In Remseck kam der Mann über ein offenes Badezimmerfenster ins Haus, um anschließend 350 Euro aus einem Geldbeutel zu stehlen, der in einer Schublade im Wohnzimmer lag.

Eine Polizeibeamtin vom Posten Remseck berichtete als Zeugin, was so alles bei der Durchsuchung des Zimmers, das der 28-Jährige bewohnte, gefunden wurde: Handys, Bankkarten, hochwertige Sonnenbrillen, Geldbeutel und I-Pads waren noch lange nicht alles.

„Er war massiv nachts auf Tour“, schilderte die Zeugen ihre Ermittlungen, die der Richterin Franziska Scheffel dicke Ordner mit Beweismitteln aus Überwachungskameras von Banken lieferten. Es gab auch Kontoauszüge von unberechtigten Barabhebungen, Automatenrechnungen einer Zigarettenfirma sowie Belege darüber, was der Angeklagte mit den gestohlenen Bankkarten im Internet eingekauft hatte. In Remseck drehte eine Nachbarin ein Video von dem Dieb auf dem Fahrrad.

Dieb mit Vorstrafen

Mit elf Vorstrafen war der Dieb auch Richterin Scheffel kein Unbekannter mehr. Trotz diverser Vorstrafen könne er von den Diebeszügen nicht ablassen, erklärte der Angeklagte dem Gericht. Er leide unter „pathologischem Stehlen, Zwangsgedanken, Grübelzwang und Depressionen“. Außerdem habe er Marihuana und Spice konsumiert.

„Irgendwie dringt man zu Ihnen nicht durch“, sagte die Richterin bei der Urteilsbegründung. Sie bezeichnete den 28-Jährigen als Bewährungsbrecher und verhängte nunmehr ein Haftstrafe in einer Höhe, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Für drei Jahre und vier Monate fährt der Remsecker nun ein – das allerdings ohne sein Fahrrad.