In Stuttgart gilt ein Zweckentfremdungsverbot – das soll mehr Wohnraum schaffen. Immobilienbesitzer halten das für Blödsinn. Foto: dpa

Der Stuttgarter Haus- und Grundbesitzerverein hat bei seiner Mitgliederversammlung scharfe Kritik an der Stadt geübt: Besonders das Zweckentfremdungsverbot hält man für Unfug.

Stuttgart - Wer am Samstagvormittag einen Platz im Hegelsaal der Liederhalle finden will, hat es nicht leicht. Zufrieden lässt Klaus Lang, Vorsitzender von Haus und Grund Stuttgart, den Blick über die rund 1000 Besucher der 110. Mitgliederversammlung des Vereins schweifen. „Es ist schön, all die erwartungsfrohen Gesichter zu sehen“, stellt er fest. Die Erwartungen werden erfüllt: Die Jahresbilanz fällt positiv aus, die Kritik an den Entscheidungen von Stadt und Land vehement.

„Wir stehen heute besser denn je da“, bringt Lang die Entwicklung des Vorjahres auf den Punkt. Mit rund 35 000 Euro wurde der Jahresüberschuss von 2014 nochmals übertroffen. Die neue Geschäftsstelle konnte termingerecht eröffnet werden, die Kosten blieben im erwarteten Rahmen von drei Millionen Euro. Auch die Serviceleistungen für die mehr als 20 000 Mitglieder haben sich verbessert. 7400 Beratungsgespräche nahmen Hauseigentümer 2015 in Anspruch. Das bedeutet eine Steigerung um sechs Prozent.

Kaum verschiebt sich der Fokus in Richtung Politik, verschärft sich der Ton. „Die linken Ideologen haben sich über unsere Argumente gegen eine Einführung von Mietpreisbremse und Zweckentfremdungsverbot hinweggesetzt“, macht der Haus-und-Grund-Vorsitzende seinem Unmut Luft. Hart geht er mit der „Leerstandsschnüffelei der Stadt“ ins Gericht. Das Misstrauen gegenüber Eigentümern, das in der Androhung von Bußgeldern gipfle, sei nicht berechtigt. „Wir sind enttäuscht von unserem Oberbürgermeister“, so Lang. „Daher lassen wir derzeit auch unsere Mitwirkung am Stuttgarter Bündnis für Wohnen ruhen. Wir wollen der Stadt nicht als Feigenblatt dienen.“ Im Hinblick auf die Landtagswahl konstatiert er, die Hoffnung auf eine eigentümerfreundliche Politik sei mit dem schwachen Abschneiden der CDU dahin. Der Applaus ist ihm sicher.

Wissenschaftler hält Mietpreisbremse für „kreuzdämlich“

Entsprechend groß ist die Zustimmung für Hochschuldozent Robert Göötz, der sich als Gastreferent zur „Entwicklung der Wohnungssituation in der Region“ äußert. Der Wissenschaftler geißelt die Mietpreisbremse als „kreuzdämlich“ und „unsozial“. Sie führe zu einer Verschärfung der Wohnungsknappheit und einer noch stärkeren Verdrängung der Einkommensschwachen aus der Stadt. Der Politik wirft er vor, sich aus Opportunismus vor allem an den Mieterinteressen zu orientieren, da diese als größere Gruppe mehr Wählerstimmen versprächen.

Michael Hennrich, Landesverbandsvorsitzender von Haus und Grund in Baden-Württemberg und Bundestagsabgeordneter, setzt trotz Spitzen gegen die Landesregierung auf Motivation: „Bauen muss billiger werden“, fordert er. Man müsse alles tun, um die Bereitschaft zu Investitionen im Wohnungssektor zu steigern. Auch gelte es, den sozialen Wohnungsbau stärker anzukurbeln. Der CDU-Mann appelliert an die Bereitschaft, „die Ärmel hochzukrempeln und anzupacken“, auch hinsichtlich der Unterbringung von Flüchtlingen und des Umgangs mit ihnen als Mieter. „Wenn wir ihnen Perspektiven bieten, werden sie auch unser Werte- und Rechtssystem akzeptieren“, so Hennrich. Den Eigentümerverein würdigt er als kompetenten Partner für Stadt und Kommune, vor allem aber für seine Mitglieder. Deren Interessen will man in Stuttgart weiterhin konsequent vertreten.