Politik wird in Brüssel ganz unkorrekt und vielsprachig im Flur gemacht: Christiane Paul als Ingeborg, Xavier Lacaille als Samy und Lucas Englander als Torsten (von links). Foto: WDR/Foto: Jo Voets

Es darf gelacht werden: Die Serie „Parlament“ wirft auf dem ARD-Ableger One einen jungen Assistenten ins EU-Haifischbecken.

Stuttgart - Laut einem Otto von Bismarck untergeschobenen Zitat sind Gesetze wie Würste: „Man sollte besser nicht dabei sein, wenn sie gemacht werden.“ Dieses Zitat fällt auch in der neuen Polit-Comedy-Serie „Parlament“, die einen satirischen Blick auf die europäische Wurstküche in Brüssel wirft.

Viel heiße Luft sowie eine Flut von Gesetzen und Regelungen zu produzieren: Das ist der Vorwurf, den Politikverdrossene von den rechten Rändern aus gern der Europäischen Union machen. Darf man da also über Politiker lachen, wie es One in seiner ersten Eigenproduktion tut? Da ist zum Beispiel der karikaturhaft angelegte EU-Abgeordnete Michel Specklin, der sich seit drei Jahren erfolgreich in Brüssel wegduckt. „Das sind die Postfächer, ich lege nie was rein“, erklärt er dem jungen, neu eingetroffenen Assistenten Samy. „Ich bekomme auch nie was.“

Ahnungslose Abgeordnete

Ohne Zögern greift die deutsch-französisch-belgische Koproduktion, die nach erfolgreichem Start in Frankreich von diesem Dienstag an auch auf One und in der ARD-Mediathek zu sehen ist, in die Klischeekiste. Die da drüben in den Anzügen „Marke Ostberlin“, das seien die Kommunisten. Und die dahinten in Khaki und Braun, die aussähen, „als ob sie gerade von einem Jagdausflug in Bayern kämen“, das sind die Rechtsextremen, erklärt Michel dem EU-Greenhorn Samy die Parlamentswelt.

Zwischen deren Fronten gerät Samy, charmant-überfordert gespielt vom Franzosen Xavier Lacaille, ziemlich fix. Bereits an seinem ersten Vormittag, als er für seinen ahnungslosen Arbeitgeber ins kalte Wasser des EU-Fischereirechts springen und Änderungsvorschläge zum Schutz von Haifischen und ihren Flossen vorbereiten soll. Wie das geht? Michel hat keinen Plan. Und nachfragen kann er nach der langen Zeit des Nichtstun auch nicht mehr. „Ich wäre wie diese Sechstklässler, die nicht lesen und schreiben können“, bekennt er treuherzig.

Risse in der heiteren Klischeewelt

Samy muss also selbst ran. Dass er bei seiner flüchtigen Recherche naiv einem Fischereilobbyisten ins Netz geht und von der strengen deutschen Abgeordneten Ingeborg (Christiane Paul) zu deren Bedingungen wieder rausgeangelt wird, sorgt in dieser Satire für den ersten Riss in der heilen Klischeewelt, weitere folgen. Der leichte Humor ist – um in Bismarcks Bild zu bleiben – in den zehn „Parlament“-Folgen die Pelle, um die komplizierte Arbeit der EU vermittelbar zu machen. Man darf also über „Parlament“ lachen, ohne sich gleich mit Populisten gemein zu machen. „Ich glaube sogar, dass man das muss“, sagt die Schauspielerin Christiane Paul, die der deutschen Abgeordneten Ingeborg eine kompromisslose Härte erspielt. „Die Art, wie die Serie Brüssel mit Satire, Komik und Klischees beikommt, bringt uns den EU-Kosmos vielleicht näher, als es eine reine Dokumentation tut. Das große Problem an der EU ist doch, dass sie immer noch so weit weg ist.“

Nah bringt uns „Parlament“ den EU-Kosmos dank einer Reihe toller junger Schauspieler. Sie sind die Assistenten, die Samy immer wieder aus der Patsche helfen – und die die Idee von Europa verinnerlicht haben. Wie die verzweifelte Britin Rose (Liz Kingsman), die als Assistentin einer Brexitbefürworterin den Ast absägen muss, auf dem sie selbst sitzt. Auch dass die Serie im vielsprachigen Original zu sehen ist, in dem vor allem Französisch und Englisch, manchmal auch Deutsch oder eine der anderen 24 Amtssprachen gesprochen wird, macht das Zusehen zum Vergnügen.

Dienstags auf ARD One, 20.15 Uhr