Polizistin neben ihrem Streifenwagen: viele Beamtinnen und Beamten kaufen Teile ihrer Ausrüstung von ihrem Gehalt. Foto: dpa/Marijan Murat

Dass sich Schutzleute für ihren Alltag auf der Straße auch selbst ausstatten, sagt selbst das Innenministerium. Das seien Einzelfälle, glaubt Staatssekretär Thomas Blenke (CDU). Die meisten haben nicht nur einen Gegenstand gekauft, sagt der Chefgewerkschaftler des Landes.

Glaubt man Baden-Württembergs Innenstaatssekretär Thomas Blenke, dann „beschaffen einzelne Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte mit privaten Finanzmitteln Ausrüstung, um ihre individuellen Bedürfnisse und Wünsche an Ausrüstung bestmöglich zu erfüllen“. So steht es in seiner aktuellen Antwort auf eine Anfrage der SPD-Fraktion im Landtag. Allerdings, so das christdemokratische Urgestein weiter, sei die private Ausrüsterei „nur in einem engen Rahmen zulässig“: in der Vergangenheit beispielsweise bei Taschenlampen. Die vom Dienstherrn zur Verfügung gestellten fanden offenbar nicht das Vertrauen der Polizisten, die auf den Straßen des Landes unterwegs oder bei Demonstrationen eingesetzt werden.

Nach Recherchen unserer Zeitung decken sich zahlreiche Beamte auf eigene Kosten jedoch auch mit anderer Ausrüstung ein, weil die dienstlich beschaffte im Alltag nur bedingt tauglich, deutlich bessere auf dem Markt ist oder der Dienstherr sie einfach nicht stellt. Rucksäcke, Handschuhe, Einsatzstiefel, sogenannte taktische Einsatz- oder Combat Shirts, Lichtmodule für die dienstlich genutzte Maschinenpistole vom Typ 7, lebensrettende Tourniquets, mit denen Blutungen an den Extremitäten schnell und einfach abgebunden werden können – wer sich mit Polizisten in Streifen- und Mannschaftswagen unterhält gewinnt den Eindruck: Das sind keine Einzelfälle mehr, das ist für viele Beamtinnen und Beamten Alltag.

Sagt auch der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer: „Ich bin überzeugt: Wenn man den Schutzmann und die Schutzfrau auf der Straße fragt, ob und wie viel Ausrüstung sie sich selbst beschaffen, werden die meisten nicht nur einen Gegenstand aufführen.“

Wohl auch deshalb beschreibt Blenke in seiner Antwort an das Parlament, dass „die ständige Optimierung der Ausstattung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen insbesondere unter Einbeziehung der praktischen Erfahrungen der Mitarbeitenden Kennzeichen einer lernenden und sich weiterentwickelnden Organisation“ ist.

Keine Elektroschocker für die Straße

Deshalb, so Blenke „in Vertretung von Herrn Minister“, gebe es ein „implementiertes Vorschlagswesen“ für Verbesserungstipps aus den Reihen der Polizisten. Besonders gute Ideen würde gar prämiert. Aber, werfen die so animierten Beamten ein, die Zeit vom Vorschlag bis zu seiner Realisierung dauere viel zu lange. „Die Beschaffungsprozesse schneller zu machen, ist ein Lösungsansatz“, sagt einer. „Manchmal ist das, was wir bekommen, bei seiner Einführung schon wieder veraltet, weil die Beschaffung so lange gedauert hat“, ein anderer.

Das gilt auch für das „Distanz-Elektroimpulsgerät“, kurz DEIG. Oder, wie die Menschen sagen, Elektroschocker oder Taser. Der ist bislang lediglich, so schreibt Blenke, „ausschließlich den Einsatzkräften der Direktion Spezialeinheiten beim Polizeipräsidium Einsatz vorbehalten“. Also den für Observationen zuständigen mobilen Einsatzkommandos (MEK) und dem für die Bekämpfung von Terrorismus und gewaltbereiter Kriminalität zuständigen Spezialeinsatzkommando (SEK).

Chefgewerkschafter: „Das Ministerium fabuliert“

Das sogenannte Einsatzmittel gilt in anderen Bundesländern wie auch im Ausland als ideale Waffe, mit der Polizisten alternativ zu ihrem Schlagstock und der Pistole Angriffe mit dem Messer stoppen können.

Wie auch in früheren Anfragen aus dem Parlament, welche Ausstattung den Polizisten in welchem Umfang zur Verfügung gestellt wird, gibt sich das Ministerium geheimnisvoll: Dass könne nur gesondert, als Verschlusssache der Stufe „Nur für den Dienstgebrauch“, dargestellt werden.

„Das Innenministerium“, bewertet SPD-Generalsekretär und Innenexperte Sascha Binder, Blenkes Antwort, „ beschreibt mit vielen Worten komplexe Wege, auf denen Ausrüstung beschafft wird. Praxisnahe Angebote, die auch den Bedürfnissen vor Ort in angemessener Zeit gerecht werden, fehlen schlichtweg.“ Zudem würden die Personalvertretungen bei der Frage, was beschafft werden soll, nicht ausreichend eingebunden. Es braucht dringend effiziente Strukturen, damit bestehender Bedarf zeitnah gedeckt wird. „Unsere Polizei muss mit dem ausgestattet werden, was sie benötigt. Ohne Wenn und Aber.“

Gewerkschafter Kusterer wird noch deutlicher: Das Ministerium „fabuliert völlig intransparente Abläufe und Prozesse. Probleme werden in den verschiedenen Berichtsstufen eingedampft und was hinterher rauskommt ist das, was die Führung absegnet.“