Beim CDU-Empfang am Start: Kreisvorsitzender Malliaras, OB Nopper, Gastredner Rainer Neske und Fraktionschef Kotz (von links). Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Die Pandemie ist abgeflaut – die Stuttgarter CDU genießt wieder einen Jahresempfang mit Speis und Trank und ohne Masken. Der Hauptredner tischt jedoch schwere Kost auf, weil es um die Folgen von Krieg und Pandemie geht.

Es war, als ob eine Last von der CDU abfiele. Nein, nicht weil der christdemokratische OB Frank Nopper an dem Tag endlich einen Strategieberater aus den SPD-Reihen verkündet hatte; vielmehr deshalb, weil die Pandemie wenigstens 2022 den Jahresempfang von Rathausfraktion und Kreisverband nicht als Präsenzveranstaltung mit Speis und Trank verhindert hatte. Ehe die rund 250 Gäste vom Großen Sitzungssaal des Rathauses zum Buffet treten konnten, mussten sie allerdings verkraften, dass der Gastredner Rainer Neske ein recht düsteres Bild von der wirtschaftlichen Lage zeichnete, um erst am Schluss wieder Optimismus zu schüren.

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Der Vorstandsvorsitzende der Landesbank Baden-Württemberg sprach über Klimawandel, Pandemie, gestörte Lieferketten und das Hoch der schon länger aufgekommenen Inflation, aber vor allem über die Folgen von Russlands Angriff auf die Ukraine. Jedes dieser Probleme wäre einzeln noch halbwegs gut zu meistern, zusammen erschienen sie jetzt aber als fast nicht bewältigbar. Alle Probleme erforderten den Einsatz von Investitionsmitteln, und die in der Vergangenheit zu zögerlichen Notenbanken seien zur Unzeit zum umso stärkeren Eingreifen gegen die Inflation gezwungen.

Neben Wirtschaftsproblemen im deutschen Exportziel China und Lieferengpässen bei Vorprodukten benannte Neske die Rohstoffabhängigkeit von Russland als Gefahr für das deutsche Bruttoinlandsprodukt – und vor allem die Gefahr eines Gasstopps aus Russland. So ein Stopp löse Ketteneffekte aus. Könne die BASF nicht produzieren, seien bald hiesige Unternehmen ohne direkte Abhängigkeit vom russischen Gas betroffen.

Der Gasstopp als großes Risiko

Selbst das noch sehr günstige Hauptszenario – Waffenstillstand im Lauf des Jahres, Gas fließt größtenteils, das Bruttoinlandsprodukt wächst 2022 um 1,8 Prozent, die Inflation liegt bei 6,5 Prozent – trete nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent ein. Negativszenarien mit Gasstopp zur Heizperiode im Herbst oder gar im Juni seien nicht unwahrscheinlich. Das Gute sei, dass sich die Unternehmen hierzulande in einem dynamischen Wirtschaftsraum im Lauf der Zeit anpassten, doch jeder Tag des Gasbezugs sei wichtig. Freilich könne er sich keinen besseren Platz in der Welt vorstellen, um damit umzugehen und es durchzustehen, als Stuttgart. Das liege an diesem speziellen Standort mit vielen anpassungsfähigen Familienunternehmen und Mittelständlern, beteuerte Neske – und erhielt dafür besonders viel Beifall.

Nopper strebt nach einem guten Tandem

OB Nopper warb in seinem Grußwort an die CDU-Mitglieder und -Gäste auch um Verständnis dafür, dass er den SPD-Kommunalpolitiker Martin Körner zum Leiter des Referats Strategische Planung und nachhaltige Mobilität berief – was „die Gemüter zum Teil erhitzt hat“. Kommunalpolitik sei in erster Linie eine pragmatische Angelegenheit, keine ideologische. Nopper sagte: „Martin Körner und ich sind in vielen Fragen nah beieinander, und ich bin sehr zuversichtlich, dass ich ihn in den anderen Fragen überzeugen kann.“ Ein Linker werde er, Nopper, nicht, beruhigte der OB. Er berief sich auf den früheren CDU-OB Manfred Rommel, der zum Unmut der CDU bei seinem Amtsantritt das SPD-Mitglied Walter Gehring als Persönlichen Referenten und Büroleiter weiterbeschäftigte. Nopper: „Die beiden wurden dann ein bewährtes Tandem.“

Alexander Kotz, Chef der Rathaus-Fraktion, fand Lob für die Verwaltung, forderte von ihr aber auch, einige Defizite zu beseitigen: „Wir sind nicht so aufgestellt, wie es unsere Kunden, die Bürgerinnen und Bürger, zurecht einfordern können.“ Damit meinte er die Kfz-Zulassungs- und die Führerscheinstelle, die Ausländerbehörde und das Baurechtsamt. Da müssten die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister nun für Vollzug sorgen, nachdem der Gemeinderat wiederholt mehr Geld und Stellen bewilligt habe.