Läuft nicht gut mit seinem Leuchtturmprojekt Cybersicherheitsagentur: Innenminister Thomas Strobl (CDU) im Landtag Baden-Württembergs. Foto: dpa/Marijan Murat

Das kurz vor der Wahl im März durchgedrückte, jährlich zehn Millionen Euro kostende Vorzeigeprojekt der grün-schwarzen Landesregierung kommt nur schwerfällig in Fahrt. Dabei versprach Innenminister Thomas Strobl (CDU) noch vor einem Jahr mehr Sicherheit im Cyberraum durch die neue Behörde.

Stuttgart - Der in diesem Frühjahr in einer der letzten Sitzungen des Landtages vor der Wahl von CDU und Grünen durchgesetzten Cybersicherheitsagentur (CSA) fehlt das Fachpersonal. Das geht aus Antworten des Innenministeriums auf Anfragen der SPD hervor: Die neue Behörde „unternimmt große Anstrengungen, um baldmöglichst alle freien Stellen mit geeignetem Personal besetzen zu können“, heißt es in den Antworten. Nach denen hat die Agentur vor allem Probleme, IT-Fachkräfte zu gewinnen – ohnehin nur etwa ein Drittel des vorgesehenen Personals: Der überwiegende Teil der Stellen ist für Germanisten, Journalisten und Juristen vorgesehen, die lediglich grundlegende Kenntnisse in der Informatik nachweisen müssen – beispielsweise also Textverarbeitungsprogramme bedienen können. Erst 41 der vorgesehenen 83 Stellen sind derzeit besetzt. Zwei der Mitarbeiter waren zuvor im Landeskriminalamt (LKA) beschäftigt.

Die „operative Betriebsbereitschaft“ werde – anders Ressortchef Thomas Strobl (CDU) dies dem Parlament Glauben machte – „schrittweise hergestellt“. Ursprünglich sollte die CSA ab Januar 2022 die Arbeit aller Akteure auf dem Gebiet der Cybersicherheit im Südwesten bündeln und koordinieren, um Bedrohungen aus dem Netz schneller begegnen zu können. Zehn Millionen Euro kostet die neu geschaffene Behörde den Steuerzahler jährlich. Zum Jahresbeginn sieht das im Februar verabschiedete Gesetz zudem eine Meldepflicht aller Behörden an die CSA für Cyberbedrohungen und -angriffe im Land vor.

Massive Kritik schon am Gesetzesentwurf

Damit verbindet die Landesregierung große Hoffnungen. So versicherte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) im Mai in seiner Regierungserklärung: „Neue Formen der Kriminalität gehen wir entschlossen an. Das gilt gerade für den Bereich Cybersicherheit. Mit der neuen Cybersicherheitsagentur rüsten wir uns gegen Angriffe aus dem Netz.“ Sein Innenminister kann genau das offenbar mit seinem selbst zu einem Leuchtturm hochgelobten Projekt nicht leisten. Vor der jetzt eingetretenen Entwicklung hatten in seltener Eintracht alle drei Polizeigewerkschaften wie auch SPD und FDP aber auch das LKA in einem internen Schreiben gewarnt: Die neue Behörde würde mit Polizei und Verfassungsschutz um die wenigen auf dem Markt befindlichen Cyber-Spezialisten konkurrieren. Das Gesetz sei mit heißer Nadel gestrickt, Zuständigkeiten nur ungenügend geklärt.

„Die Antwort des Innenministeriums auf unseren Antrag entspricht, einmal mehr, nicht den Gepflogenheiten des Verhältnisses zwischen Parlament und Regierung“, sagt SPD-Generalsekretär Sascha Binder. Wer so schmallippig wie Strobl antworte, nähre den Verdacht, dass noch mehr im Argen liege als ohnehin schon bekannt. „Wir wollten wissen, wie es um die Betriebsbereitschaft der CSA steht und haben keine einzige konkrete Antwort erhalten. Der Landtag hat viele neuen Stellen für die Cybersicherheitsagentur auf den Weg gebracht und erhält nun aber keine Antworten darauf, wie betriebsbereit die neue Behörde nun tatsächlich ist.“ Seine Partei vermisse weiterhin eine klare Strategie und nach der aktuellen Antwort des Ministeriums auf die aktuelle Anfrage seien die Sozialdemokraten mehr denn je davon überzeugt, dass es diese noch nicht gebe.

Konkurrenzkampf ums rare Fachpersonal mit Wirtschaft und Behörden

Der FDP-Abgeordnete Daniel Karrais, bei kritischen Nachfragen zur CSA von Strobl aufgefordert, die folgenden Antworten des Ministers mitzuschreiben, sieht sich in seinen Einwänden bestätigt: „Es ist genau das eingetreten, wovor wir immer gewarnt haben: Die CSA hat einen schönen Namen, findet aber kein Fachpersonal. Das Innenministerium scheint überrascht zu sein, dass fähiges IT-Personal nicht vom Himmel fällt.“

Es sei höchst unwahrscheinlich, dass die CSA bis Januar „voll arbeitsfähig ist“, warnt Karrais. Die Behörde mache „LKA, Verfassungsschutz und Polizei unnötige Konkurrenz am ohnehin leer gefegten Personalmarkt“. Wenn Minister Strobl jetzt schon wieder eine Cybersicherheitsstrategie ankündigt, anstatt die angefangenen Projekte umzusetzen, werde deutlich, dass es nur um ein Show-Projekt ging, das mit der Sicherheit des Landes spiele.