Jude Bellingham zählt mit 20 Jahren schon zu einer festen Größe der Engländer. Foto: dpa/Bernd Thissen

Für die Buchmacher zählt England zu den EM-Favoriten. Doch in den vergangenen Jahren ging es immer irgendwie schief. Die aktuelle Konstellation verspricht trotz holpriger Vorbereitung allerdings Großes.

Die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland ist seit Freitag in vollem Gange und läuft noch bis zum 14. Juli. Es ist das zweite Mal nach 1988, dass hierzulande eine EM ausgetragen wird. Dreimal konnte die Nationalelf den Titel holen: 1972, 1980 und 1996 – und vielleicht auch in diesem Jahr? Die Weichen hat das Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann mit dem 5:1-Sieg im Eröffnungsspiel gegen Schottland bereits gestellt.

Aber auch andere Nationen wie Italien, Spanien oder England greifen nach dem Titel. England hat seinen Status als Kandidat dafür am Sonntagabend untermauert. Die Mannschaft von Trainer Gareth Southgate tat sich zwar schwer, bezwang Serbien in der Partie, die als Hochrisikospiel galt, am Sonntagabend in Gelsenkirchen trotz einiger Wackler verdient mit 1:0 (1:0).

EM 2024: England qualifizierte sich mit Sieg gegen Italien

Ex-BVB-Spieler Jude Bellingham, der jetzt bei Real Madrid unter Vertrag steht, erzielte in der 13. Minute das Tor für die Three Lions, die 58 Jahre nach ihrem WM-Triumph im eigenen Land bei dieser EM endlich den nächsten großen Titel holen wollen. Vor dem EM-Spiel England gegen Serbien war es zu Schlägereien gekommen, während und nach dem Spiel war es laut Polizei allerdings ruhig geblieben.

  • Bisherige EM-Teilnahmen von England: 10 (zuletzt EM 2020)
  • Bestes Abschneiden bei einer EM: Vize-Europameister (2020)
  • England für die EM qualifiziert am: 8. Spieltag

England hatte sich für das Turnier hierzulande – wie abgesehen von Gastgeber Deutschland alle Nationen – qualifiziert. Dass das englische Team bei der EM dabei ist, hat also nichts mit dem Brexit zu tun – also dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der europäischen Union (EU) im Jahr 2020. Denn der englische Verband (FA) gehört immer noch zum Kontinentalverband Uefa.

Die Three Lions gewannen im Oktober am 8. Spieltag die Neuauflage des Endspiels von 2021 gegen Titelverteidiger Italien in Wembley mit 3:1 (1:1). Insgesamt sind bei der EM 24 Teams dabei, wovon 20 durch die reguläre EM-Qualifikation musste, drei Teilnehmer wurden in den Playoffs ermittelt.

EM 2024: Welche Teams sind dabei?

Die Auslosung hat folgende Gruppen ergeben:

  • Gruppe A: Schottland, Ungarn, Schweiz, Deutschland
  • Gruppe B: Spanien, Kroatien, Italien, Albanien
  • Gruppe C: Slowenien, Dänemark, Serbien, England
  • Gruppe D: Polen, Niederlande, Österreich, Frankreich
  • Gruppe E: Belgien, Slowakei, Rumänien, Ukraine
  • Gruppe F: Türkei, Georgien, Portugal, Tschechien

EM 2024: Wer kann bei einer EM teilnehmen?

Bei einer Fußball-EM teilnehmen können alle nationalen Fußballverbände, die dem europäischen Fußballverband, also der UEFA, angehören. Die UEFA wurde im Jahre 1954 gegründete und umfasst insgesamt 55 nationale Verbände einzelner Länder und Gebiete, die jedoch nicht alle innerhalb der geografischen Grenzen Europas liegen.

EM 2024: Auf welche englischen Spieler kommt es beim Turnier an?

Bei dieser EM stellt England das wertvollste Team des Turniers, wenn man die Marktwerte der einzelnen Profis addiert. Die Buchmacher sehen in der Mannschaft von Cheftrainer Southgate den Topfavoriten. Doch endet die Titelflaute 58 Jahre nach dem ersten und bisher einzigen großen Triumph bei der Heim-WM 1966? Auf diese Säulen kommt es für den Vize-Europameister an:

  • Harry Kane: Der 30 Jahre alte Bayern-Star hat seit Jahren das Kapitänsamt. Er gilt sportlich und charakterlich als Anführer, Ex-Nationalspieler Owen Hargreaves nannte ihn jüngst „einen Gentleman“. Kane gilt bisher als unvollendet, weil ihm sowohl im Verein als auch im Nationalteam noch ein Titel fehlt. Seinen Elfmeter-Fehlschuss im WM-Viertelfinale von Katar gegen Frankreich verübelte ihm keiner so wirklich. Doch in seiner Wahlheimat ist der vielseitige Weltklasse-Stürmer gefordert, das Team ist in großem Maße von Kane abhängig.
  • Jude Bellingham: Als bester Spieler ist der Kapitän wahrscheinlich bereits abgelöst - und zwar von Champions-League-Sieger Bellingham. Der frühere Dortmunder hat in den vergangenen Jahren einen steilen Aufstieg hinter sich und könnte nach der Königsklassen-Krönung mit Real Madrid sogar ein Kandidat für den Weltfußballer des Jahres 2024 sein. „Er wird riesigen Einfluss auf unser Spiel haben“, sagte Southgate über den 20-Jährigen. Bellingham ist als Spielmacher im offensiven Mittelfeld gesetzt. In der abgelaufenen Liga-Saison in Spanien erzielte er so viele Tore wie Robert Lewandowski (19) - bei deutlich weniger Einsätzen.
  • Gareth Southgate: Titel oder höchstwahrscheinlich Abgang. Dies kündigte der ehemalige Fußballprofi zu seiner eigenen Zukunft vor der EM an. Nach der WM 2018 (Platz vier), der EM 2021 (Niederlage im Finale) und der WM 2022 (Viertelfinal-Aus) ist es bereits der vierte Anlauf bei einem großen Turnier unter Southgate. Das Spielermaterial ist ausgezeichnet, nur der Silberpokal zählt. Anders als in den vergangenen Turnieren nominierte der 53-Jährige diesmal mutig. Raheem Sterling und Marcus Rashford blieben außen vor, auch Routinier Jordan Henderson und der angeschlagene Harry Maguire sind nicht dabei. Henderson und Maguire galten als Lieblinge von Southgate und zählten noch in Katar zur Startelf.

Jungstars in der Offensive

Bukayo Saka (22), Cole Palmer (22) und Phil Foden (24) - kaum ein anderer EM-Teilnehmer verfügt über ähnlich großes Offensivpotenzial wie England. Die Stars der Premier League müssen aber um ihre Stammplätze kämpfen, weil Southgate sein Team traditionell eher defensiv auf- und einstellt. Declan Rice und Bellingham sind im Mittelfeld gesetzt, dazu spielt neben Rice normalerweise auch ein zweiter Sechser. Bleiben neben Kane in der Mitte für Saka, Palmer und Foden auf den Außenbahnen nur zwei Stammplätze in der ersten Elf übrig.