Malu Dreyer kündigte in Mainz ihren Rücktritt an. Foto: dpa/Arne Dedert

Malu Dreyer ist eine der beliebtesten Politikerinnen der SPD. Als Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz regiert sie erfolgreich mit einer Ampel. Jetzt tritt sie den Rückzug an – weil ihr die Kraft für das Amt ausgeht.

Es ist eine ikonische Szene. Als die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) im Juli 2021 im Ort Schuld gemeinsam die Schäden des verheerenden Hochwassers an der Ahr besichtigen, halten die beiden einander an der Hand.

Dreyer ist seit vielen Jahren an Multiple Sklerose erkrankt. Bei längeren Wegstrecken nutzt sie einen Rollstuhl. Bei kürzeren lässt sie sich oft stützen, wie hier von Merkel. Wer Dreyer kennt, weiß das. Doch in diesem Moment sind überall in der Republik Menschen, die live im Fernsehen oder später im Internet die Szene sehen, gerührt von der Gemeinsamkeit. Von der Fähigkeit, sich gegenseitig an die Hand zu nehmen.

Marie-Luise „Malu“ Dreyer ist eine erfolgreiche, beliebte Politikerin. Im Jahr 2013 wurde sie im Landtag von Rheinland-Pfalz zur Ministerpräsidentin gewählt. Sie hat seitdem mehr als elf Jahre regiert und zwei Wahlen gewonnen. Jetzt hat die 63-Jährige ihren Rückzug angekündigt.

Vergleich mit Jürgen Klopp

Für die Pressekonferenz in Mainz am Mittwoch hat Dreyer ihr fröhliches Ministerpräsidentinnen-Lächeln aufgesetzt, das ihr anscheinend nie schwergefallen ist. Die Begegnung mit Menschen habe ihr immer sehr viel Kraft gegeben in ihrem Amt, sagt sie.

Nun habe sie aber feststellen müssen: „Meine Akkus laden nicht mehr so schnell auf.“ Vor einigen Tagen sei die Entscheidung gefallen. „Ich gehe schweren Herzens, weil meine Kraft nicht mehr ausreicht“, sagt sie. Dreyers Mundwinkel wandern nun doch nach unten.

Eine Journalistin wird anschließend in der Pressekonferenz das Beispiel Jürgen Klopp erwähnen, der vor Kurzem als Trainer des FC Liverpool abgetreten ist – mit der Begründung, dass es ihm an Energie fehle. Dreyer lächelt wieder. Klopp hat seine fulminante Karriere als Profitrainer bei Mainz 05 begonnen. „Kloppo“, der Menschenfänger, dieser Vergleich gefällt der Sozialdemokratin, die in Neustadt an der Weinstraße geboren ist.

Dreyer war für die Landes-SPD ein Garant für Wahlsiege. Auch bundesweit war Dreyer sehr beliebt bei den SPD-Mitgliedern – obwohl oder vielleicht auch, weil sie nie SPD-Vorsitzende werden wollte. Als Andrea Nahles als Parteichefin in Berlin stürzte, ließ sich die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin für eine Übergangszeit aber in die Pflicht nehmen und führte die SPD einige Monate lang gemeinsam mit Manuela Schwesig und Torsten Schäfer-Gümbel kommissarisch. Dann kehrte sie zurück in die zweite Reihe.

Mit Bundeskanzler Olaf Scholz verbindet Dreyer das Verständnis, dass die SPD eine Partei ist, die Wahlen aus der Mitte heraus gewinnen muss. Sie regiert mit einer Ampelkoalition, die in Rheinland-Pfalz anders als im Bund geräuscharm und ohne Dauerstreit arbeitet. Dreyer war stets überzeugt davon, dass eine solche lagerübergreifende Koalition aus SPD, Grünen und FDP erfolgreich sein kann. Viele sagen, das sei im Land einfacher als im Bund. Andere meinen aber auch, die gute Zusammenarbeit in Mainz habe etwas mit dem verbindenden Wesen Dreyers zu tun.

Ein ehrgeiziger Nachfolger

Ihr Nachfolger als Ministerpräsident soll Alexander Schweitzer werden. Der 50-Jährige war über mehrere Jahre Fraktionsvorsitzender der SPD im Landtag. Seit Mai 2021 ist er Minister für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung in Dreyers Kabinett. Jetzt ermöglicht sie ihm, bei den Landtagswahlen im Jahr 2026 aus der Poleposition zu starten, als Ministerpräsident, der noch Zeit hatte, an einem Amtsbonus zu arbeiten. Schweitzer ist ehrgeizig. Obwohl Landespolitiker, gehört er zu den SPD-Politikern, die in Berlin gut vernetzt sind.

Der Mann, der am 10. Juli im Landtag gewählt werden soll, steht an diesem Mittwoch neben Dreyer. Das Bild sei ein bisschen klassisch, sagt Schweitzer entschuldigend vorab. Und, so formuliert es der Hüne, es klinge auch ein bisschen komisch, wenn er es verwende: „Es sind sehr große Fußstapfen, die ich vorfinde.“

Und was wird Dreyer tun, wenn der Wechsel vollzogen ist? „Erst mal mich ausruhen“, sagt sie. Und dass sie sich auf die Zeit mit ihrem Mann freue.